Louis
Dahl
aus Dormagen
09.09.1879
Dormagen
–
07.1944
Kaiserwald
Louis Dahl und seine Ehefrau Sophie führten ein gut gehendes Metzgereigeschäft auf der Kölner Str. 121 in Dormagen, das einst von seinem Vater eröffnet worden war. Seit der Machtübernahme machten ihm die andauernden Boykotts und der Terror der SA schwer zu schaffen. Die beiden Töchter Jenny und Hanni konnten sich in Sicherheit bringen und emigrieren. In der Pogromnacht am 09./10.11.1938 verwüsteten SA-Männer das Wohnhaus und die Metzgerei. Der ehemalige Weltkriegssoldat Louis Dahl und sein Sohn Jakob wurden in „Schutzhaft“ genommen, er musste sein Eigentum verkaufen und in einem Pumpenhaus Zwangsarbeit leisten. Am 11.12.1941 wurde die Familie vom Düsseldorfer Schlachthof ins Ghetto Riga deportiert. Sie erlebte noch die Auflösung des Ghettos im November 1943 und die Verlegung in das nahe gelegene KZ Kaiserwald. Als sich die sowjetische Armee näherte, verschleppte die SS die Häftlinge ins KZ Stutthof. Zuvor wurden alle nicht mehr arbeitsfähigen Häftlinge „ausgesondert“ und erschossen, darunter auch Louis und Sophie Dahl.
Literatur und Quellen:
Pankalla, Heinz A.: Zur Geschichte der jüdischen Mitbürger und der Synagogengemeinde Zons-Dormagen, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Dormagen (1985), S. 10-59
Mendel, Emmi: Kein Einzelschicksal. Zur Geschichte der Deportationen der Dormagener Juden, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Dormagen (1985), S. 50-52
Autorin: Vera Strobel
Louis Dahl war der Sohn des Metzgers Jacob Dahl und seiner Ehefrau Esther (geb. Meyer). Er hatte sieben Geschwister und war mit Sofie (geb. Katz) verheiratet. Familie Dahl hatte ihren florierenden Metzgerladen auf der Kölner Str. 121, einst von Louis Vater eröffnet. 1920 übernahm Louis den Laden und sein Sohn Jakob arbeitete nach der Beendigung der Volksschule in der Metzgerei. Das Ehepaar Dahl hatte neben Jakob als einzigem Sohn noch die Töchter Hanni und Jenny und Emmi.
Am 1.4.1933 stand die Dormagener SA vor der Metzgerei Dahl und bedrohte die Kunden. Das passierte nun immer wieder und 1935 eskalierte die Situation. Emmi Dahl berichtete: „Nachts um 1/2 drei wurden uns öfter die Schaufenster eingeschlagen. Auf dem Gehweg wurde immer geschmiert: ‚Deutsche! Kauft nicht bei Juden!‘“
Wegen der beginnenden Diskriminierung und Entrechtung der jüdischen Familien in Dormagen entschieden sich zwei Töchter von Louis ins Ausland zu flüchten (Jenny nach Großbritannien und Hanni nach Chile, 1938). Während der Pogromnacht vom 9./10.11.1938 wurde Louis Dahl mit seinem Sohn und anderen jüdischen Dormagenern in 1-tägige sogenannte „Schutzhaft“ genommen und im Rathaus in Dormagen inhaftiert. Metzgerei und Wohnhaus der Familie Dahl wurden verwüstet und geplündert. Der 59-jährige ehemalige Weltkriegssoldat mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse hatte nun jegliche Illusionen verloren. Aufgrund der „Sühneleistungen“ in Höhe von einer Milliarde Reichsmark, die der deutschen jüdischen Bevölkerung von der NS-Regierung auferlegt worden waren, mussten auch die Dahls ihren Besitz weit unter Wert für 6.000 Reichsmark an einen „arischen“ Nachbarn verkaufen. Fortan lebten sie zur Miete in ihrem früheren Eigentum.
Das Leben von Familie Dahl wurde immer schwieriger. Sie hatten kaum noch Geld, erhielten nur die Hälfte der Lebensmittelrationen der „arischen“ Dormagener und Emmi Dahl berichtet über die ständige Angst, die sie insbesondere nach dem Novemberpogrom 1938 alle hatten. Sie hatten den einzigen Wunsch: als Familie zusammenzubleiben. Louis Dahl wurde gezwungen in einem Pumpenhaus zu arbeiten, Jakob wurde Schwellenleger bei Bahnarbeiten.
Am 10.12.1941 wurde Louis Dahl mit seiner Ehefrau Sofie und den erwachsenen Kindern Emmi und Jakob vom Düsseldorfer Schlachthof ins Ghetto Riga deportiert. 1944 löste die SS das Ghetto Riga endgültig auf, weil sich die sowjetische Armee der Stadt näherte. Alle nicht mehr arbeitsfähigen Häftlinge wurden erschossen, so auch der ehemalige Weltkriegssoldat Louis Dahl und seine Frau Sofie. Die übrigen wurden in weiter westlich gelegene Konzentrationslager verschleppt.
Louis Kinder Emmi und Jakob überlebten ihre Befreiung. Jakob erhielt nach seiner Rückkehr nach Dormagen vom alliierten Kreisausschuss Grevenbroich ein Darlehen in Höhe von 3.000 Mark und eröffnete damit den elterlichen Metzgerladen. Jakobs Tochter Hanni Paschek-Dahl führte mit ihrem Mann und ihrer Schwester Ruth den Metzgerladen bis 2012. Emmi Mendel, (geb. Dahl) besuchte 1979 die Gedenkstätte Yad Vashem in Israel und füllte dort Gedenkblätter für ihre Eltern aus.
Autorin: Vera Strobel