16.03.1895
Düsseldorf
–
18.04.1958
Düsseldorf
Josef Cohen war zunächst Viehhändler und betrieb dann eine eigene Metzgerei in Düsseldorf-Gerresheim. Das Geschäft musste er 1933 aufgeben. Als ehemaliger Frontsoldat durfte er am Düsseldorfer Schlachthof arbeiten, bis die Machthaber auch dies untersagten. Fortan musste Cohen Zwangsarbeit leisten. Den 1941 einsetzenden Deportationen konnte er entgehen, da er mit einer nichtjüdischen Frau verheiratet war. Seine sechs Geschwister wurden allesamt deportiert und dort ermordet. Am 18.9.1944 wurde Cohen mit seinen beiden Söhnen im sogenannten „Mischehen“-Transport in das Zwangsarbeiterlager Lenne und anschließend in das Ghetto Theresienstadt verschleppt. Nach seiner Befreiung gehörte Cohen, durch die Lagerhaft nachhaltig beeinträchtigt, zu den Mitbegründern der Düsseldorfer jüdischen Nachkriegs-Gemeinde und arbeitete wieder als Viehhändler.
Literatur und Quellen:
Auskünfte der Familie Cohen
Jakobs, Hildegard u.a.: Im Getto von Litzmannstadt (Łódź). 1.003 Biographien der am 27. Oktober 1941 aus Düsseldorf Deportierten (CD-Rom), Essen 2011
Stadtarchiv, Entschädigungsakte, 01.32.058.0001
Landesarchiv NRW, Ger. Rep. 372/88 (Verfahren gegen den früheren Gestapobeamten Pütz)
Text: Joachim Schröder
Die Eltern von Josef Cohen, Hermann und Fanny (geb. Halle) lebten in Düsseldorf Gerresheim in der Schönaustraße 1, in unmittelbarer Nähe der dortigen kleinen Synagoge. Hermann Cohen war von Beruf Metzger. Sie hatten sieben Kinder: Arthur (1894), Josef (1895), Karl (1896), Jeanette (1899), Rosa (1901), Regina (1902) und Hugo (1905). Josef Cohen wurde, wie früher sein Vater, Viehhändler, wohnte in der Heyestraße 26 und arbeitete zugleich als Kopfschlächter. In der Regel arbeitete er auswärts, gelegentlich schlachtete er auch in seiner Wohnung, wo ein sich ein Holzblock befand. Er heiratete eine nichtjüdische Frau: Auguste Wilhelmine Steinhage (1890), sie bekamen zwei Söhne, Hermann (1925) und Willi (1929). Wegen seiner „arischen“ Frau war er vor den 1941 einsetzenden Deportationen zunächst geschützt, anders als seine Geschwister, die mit Ausnahme des älteren Bruders Arthur im Oktober 1941 in das Ghetto Łódź deportiert wurden – Arthur wurde einen Monat später zusammen mit seiner Frau Erna (1892, geb. Kussel) in das Ghetto Minsk verschleppt. Keiner von ihnen erlebte das Kriegsende.
Obwohl Juden offiziell der Zutritt zum Schlachthof verboten war, konnte Cohen dort von 1933 bis 1938 als Metzgergeselle arbeiten – vermutlich, weil er im 1. Weltkrieg Frontsoldat gewesen war (so war es bei dem Düsseldorfer Viehhändler Leo Kaufmann. Möglicherweise versorgten ihn auch ehemalige Kollegen unter Hand mit Aufträgen. Seit Anfang 1938 konnte Cohen nicht mehr am Schlachthof arbeiten und musste fortan Zwangsarbeit für die Stadt Düsseldorf leisten, zunächst als Straßenkehrer beim Städtischen Fuhrpark – einer eigenen Aussage (1948) zufolge arbeitete er allerdings zum Zeitpunkt der Deportationen, also ab 1941, immer noch (oder wieder) am Schlachthof. Ende Februar/Anfang März 1943 wurde Cohen wie viele andere jüdische Zwangsarbeiter kurzzeitig von der Gestapo inhaftiert. Nach drei Tagen Haft in einer Baracke von Rheinmetall am Vogelsanger Weg am nördlichen Zubringer der Stadt wurde der aus Essen stammende Teil der Inhaftierten in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, die Düsseldorfer Juden blieben vorerst verschont. Sie mussten aber fortan in den Ziegeleien in Gerresheim (Ziegelei Sassen) und Urdenbach Zwangsarbeit leisten.
Im Sommer 1944 entschieden die Machthaber, auch die in „Mischehe“ lebenden Juden zu deportieren: Am 17.9.1944 musste sich Josef Cohen gemeinsam mit seinen beiden Söhnen und zahlreichen Leidensgenossen auf Anordnung der Gestapo im Düsseldorfer Schlachthof einfinden. Im sogenannten „Mischlings“-/“Mischehen“-Transport wurden sie am nächsten Morgen vom nahegelegenen Güterbahnhof aus in das Zwangsarbeiterlager Lenne verschleppt. Sein jüngerer Sohn Willi, erst 14 Jahre alt, wurde nach einigen Wochen wieder nach Hause geschickt, Hermann musste bis Kriegsende in Lenne bleiben. Josef Cohen kam im Februar 1945 in das Ghetto/KZ Theresienstadt. Dort wurde er, als gelernter Metzger, in der Lagerküche eingesetzt, was sich günstig auf seine Überlebenschancen auswirkte. Am 8. Mai 1945 wurde er von der Roten Armee befreit - am 15.7.1945 kehrte er nach Düsseldorf zurück. Von seinen Geschwistern hatte keiner die Deportation überlebt. In Düsseldorf gehörte er (u.a. neben Berthold Winter) zu den Begründern der Nachkriegsgemeinde, deren erster Vorsitzender Philipp Auerbach war. Er wohnte wieder in seiner Wohnung in der der Heyetraße 26. Am 8.11.1948 sagte er im Ermittlungsverfahren gegen die für die Judendeportationen verantwortlichen Gestapobeamten Pütz und Waldbillig aus, die beide zu Haftstrafen verurteilt wurden.
Cohen arbeitete nach dem Krieg nicht mehr als Kopfschlächter, sondern stieg 1946 bei einem befreundeten Kollegen, Leopold Theisen, in den Viehhandel ein. Er reiste durch die Region, kaufte Vieh auf und verkaufte es am Schlachthof. Erst ab dem Jahr 1951 erzielte er wieder ein existenzfähiges Einkommen. Sein Entschädigungsverfahren war kompliziert, es zog sich teilweise bis zu seinem Tode 1958 hin. Er erhielt seit 1950 (rückwirkend: 1.1.1948) aufgrund der durch die Haft bedingten Gesundheitsschäden eine monatliche Beschädigten-Rente in Höhe von 93,30 DM; zusätzlich erhielt er eine Entschädigung wegen „Schaden im beruflichen Fortkommen“ – allerdings nur für den Zeitraum 1938 bis 1950, obwohl er seit 1933 an der Ausübung der eigentlich von ihm gewünschten selbständigen Tätigkeit als Metzger gehindert war. Josef Cohen starb an einem Herzinfarkt im Alter von 63 Jahren.
Text: Joachim Schröder
Der Stammbaum wird aktuell überarbeitet und ist bald wieder verfügbar. Vielen Dank für Ihre Geduld.