08.05.1925
Essen
–
1942
Izbica
Engelbert Ayon wurde als Sohn der Eheleute Karl und Katharina Ayon in Essen geboren. Seine Mutter war nach der Heirat zum Judentum konvertiert. Nach 1933 galt Engelbert deswegen als „Mischling ersten Grades“. Er wurde im jüdischen Glauben erzogen, besuchte aber die Evangelische Volksschule in Bocholt. 1933 musste er zur Jüdischen Schule wechseln. Nach dem Schulabschluss durfte er keine Lehre antreten, sondern arbeitete als „Ungelernter“ in einer Sargfabrik in Essen-Borbeck. Ohne seine Eltern wurde Engelbert Ayon am 22.4.1942 über den Düsseldorfer Schlachthof nach Izbica/Polen deportiert. Engelbert schrieb Briefe aus Izbica und bat um Geld und Päckchen. Auch berichtete er von der Fahrt und einem „bildschönen Mädchen“, das er kennen gelernt hatte. Er schien optimistisch und verliebt. Ein letzter kurzer Brief erreichte seine Eltern im August 1942. Nach Kriegsende wurde der 8.5.1945 als Engelberts Todesdatum festgelegt. An diesem Tag wäre er 20 Jahre alt geworden.
Literatur und Quellen:
Archivsammlung Ernst Schmidt Essen: Deportationsbescheid, Briefe und Postkarten aus Izbica, Fotos Engelbert Ayon und Katharina Ayon
Archiv Alte Synagoge Essen: Biografische Daten
Text: Hannelore Steinert
Engelbert Ayon wurde am 8.5.1925 in Essen geboren. Seine Mutter Katharina konvertierte nach der Heirat mit Karl Ayon zum Judentum – den Behörden war dies nicht bekannt. Nach 1933 galt die Ehe als „Mischehe“ und Engelbert war ein „Mischling 1. Grades“. Von den Eltern wurde Engelbert jüdisch erzogen, besuchte aber ab 1931 die evangelische Volksschule Bocholt II in Essen. Ab 1933 musste er zur Jüdischen Volksschule wechseln. Nach dem Schulabschluss durfte er keinen Beruf erlernen, sondern arbeitete als „Ungelernter“ in der Sargfabrik Köhler in Essen-Borbeck, später – bis zu seiner Deportation – bei der Firma Döllken in Essen-Werden.
Seine Großmutter beantragte im März 1942 schriftlich beim Reichsinnenministerium die Befreiung ihres Schwiegersohns und des Enkels vom Tragen des Judensterns. Das Gesuch wurde abgelehnt, da beide am „Stichtag“ 1.9.1941 der jüdischen Religion angehört hatten. Dies wurde Engelbert zum Verhängnis. Engelbert erhielt am 11.4.1942 ein Schreiben der Jüdischen Kultusvereinigung, Synagogengemeinde Essen, dass er sich „zur Abwanderung in die Ostgebiete am 21.4.1942“ bereitzuhalten habe. Er wurde aufgefordert, pünktlich im Betsaal in der Hindenburgstraße zu erscheinen. Katharina Ayon begleitete ihren Sohn zur Sammelstelle und weiter auf den Essener Hauptbahnhof. Dort mussten sie sich trennen, da der Bahnsteig abgesperrt und nur von den Menschen, die „auf Transport“ gingen, betreten werden durfte. In der Großviehhalle des Düsseldorfer Schlachthofes wurde der „Düsseldorfer Transport“ nach Izbica, zu dem auch die Essener Juden gehörten, zusammengestellt. Am 22.4.1942 verließ der Zug Düsseldorf mit Ziel Izbica. Engelberts Eltern erhielten keine Aufforderung: Katharina galt als Christin, ihr Ehemann Karl lebte also mit ihr in „privilegierter“ Mischehe.
Die Eltern erhielten insgesamt vier Lebenszeichen von ihrem Sohn aus Izbica. Die erste Karte ist vom 25.4.1942 datiert, er bittet um Geld (bis 100 RM) und um Päckchen. „Ansonsten ist alles in Ordnung, was ich von Euch auch annehme.“ Am 27.4.1942 schrieb Engelbert seinen Eltern einen Brief: „Wie ich Euch schon mitteilte, sind wir gut angekommen. Wir waren Freitagabend erst hier. In Lublin hatten wir einen längeren Aufenthalt, wo wir uns alle gut gewaschen und rasiert haben […]. Gleich beginnt unser Arbeitseinsatz von 11-4. Das wird nicht so schlimm.“ Und weiter „Ich habe auf der Fahrt ein bildschönes Mädchen kennen gelernt aus Otzenrath bei Düsseldorf. Sie ist gerade 15 Jahre alt. Nun möchte ich schließen. Tausend Küsse und Grüße Euer Sohn Engelbert.“
Bei dem „bildschönen Mädchen“ handelte es sich um Ingeborg Levi; sie gehörte mit ihren Eltern Ida und Max dem Düsseldorfer Transport an. Die letzten Nachrichten von Engelbert an seine Eltern datieren vom 3.7.1942 und vom 9.8.1942. Beide Karten enthalten nur zwei Sätze: „Ich bin gesund, es geht mir gut. Innigsten Dank für die Postsendungen. Engelbert“. Nach August 1942 erhielten die Eltern kein Lebenszeichen mehr. Am Ende des zweiten Weltkrieges wurde der 8. Mai 1945 als Todestag festgelegt. Engelbert Ayon wäre an diesem Tag 20 Jahre alt geworden. Auch Ingeborg Levi, Engelberts „bildschönes Mädchen“, und ihre Eltern sind in Izbica gestorben – oder in den Gaskammern von Sobibor ermordet worden.
Text: Hannelore Steinert
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