Norbert
Schmidt
aus Düsseldorf
15.12.1887
Düsseldorf
–
16.01.1960
Düsseldorf
Der Ingenieur Norbert Schmidt war in einer sozialdemokratischen Wohnungsgenossenschaft in Düsseldorf tätig. Sie wurde 1933 gleichgeschaltet, 1937 verlor Norbert Schmidt sein Amt und musste Zwangsarbeit leisten, u.a. als Schlosser in der früheren Firma von Isaac Cohen in der Rather Straße 56/58, am städtischen Schlachthof gelegen (der Nazi Jean Hauptmanns hatte sie 1938 „arisiert“). Vor den 1941 einsetzenden Deportationen war Norbert Schmidt geschützt, da er mit seiner „arischen“ Frau Maria (geb. von Bernum) in „Mischehe“ lebte. Am 28.2.1943 wurde Norbert Schmidt kurzzeitig von der Gestapo inhaftiert – dies war ihm eine deutliche Warnung. Im Juni 1943 tauchte er in Köln unter. Er wechselte in den nächsten zwei Jahren mehrfach den Wohnort, unangemeldet und ohne Lebensmittelmarken. Die Gestapo verhaftete am 22.10.1943 seine Frau, um seinen Aufenthaltsort zu erpressen. Im September 1944 wurde sie in das KZ Ravensbrück eingewiesen, doch ihren Mann verriet sie nicht. Nach Kriegsende wurde Norbert Schmidt Vorstandsmitglied, später Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Düsseldorf-Ost (heute: WOGEDO). Dabei sah er es als selbstverständliche Aufgabe an, ehemalige Verfolgte mit Wohnraum zu versorgen. In Düsseldorf sind eine Wohnsiedlung und eine Straße nach ihm benannt.
Literatur und Quellen:
50 Jahre Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Düsseldorf-Ost GmbH. Düsseldorf 1919-1969
Norbert Schmidt, in: Unser Dach. Mitgliedermagazin der Wohnungsgenossenschaft Düsseldorf-Ost eG, MM 16, Dezember 2005, S. 8 f.
Auskunft von Helene Cohen (2014, 2015)
Landesarchiv NRW R, Ger. Rep. 372/83, Bl. 1 (Anzeige gegen den früheren Gestapobeamten Hermann Waldbillig, 23.6.1946), Bl. 32 (Anzeige gegen die früheren Gestapobeamten Georg Pütz und Hermann Waldbillig, 22.6.1946)
Autor: Joachim Schröder
Norbert Schmidt war Ingenieur und im Allgemeinen Wohnungsbauverein tätig – Nachfolger des sozialdemokratischen „Arbeiterbauvereins Freiheit“, einer sozialdemokratischen Wohnungsgenossenschaft. Sie wurde 1933 gleichgeschaltet, konnte aber fortbestehen. Norbert Schmidt allerdings verlor 1937 sein Amt und musste Zwangsarbeit leisten, unter anderem in der Ziegelei Sassen in Gerresheim, später als Schlosser bei der Firma des Nazis Jean Hauptmanns in der Rather Straße 56/58, unmittelbar neben dem städtischen Schlachthof gelegen (Hauptmanns hatte den traditionsreichen Handel für Metzgereibedarf von Isaac Cohen im Jahr 1938 günstig „übernommen“). Vor den 1941 einsetzenden Deportationen war Norbert Schmidt geschützt, da er mit seiner „arischen“ Frau Maria (geb. von Bernum) in „Mischehe“ lebte. Den diskriminierenden „Judenstern“ musste er trotzdem tragen, weil das Ehepaar keine Kinder hatte.
Am 28. Februar 1943 wurden Norbert Schmidt und 31 weitere jüdische Düsseldorfer kurzzeitig von der Gestapo inhaftiert. Mehrere Tage wurden sie in einem Rheinmetall-Barackenlager nahe der Scheffelstraße eingesperrt, gemeinsam mit etwa 30 jüdischen Zwangsarbeitern aus Essen, von denen einer in der ersten Nacht einen Selbstmordversuch unternahm. Während die Essener Juden (unter ihnen: Imo Moszkowicz) am 1. März 1943 nach Auschwitz deportiert wurden, durften die Düsseldorfer wieder nach Hause. Sie wurden fortan bei „Erdarbeiten“ auf dem Südfriedhof eingesetzt. „Die jüdischen Leute aus Essen sprachen ganz offen davon, dass sie wüssten, dass sie in Polen vergast werden sollten“, erinnerte sich Norbert Schmidt später (Anzeige gegen die früheren Gestapobeamten Waldbillig und Pütz, 1946).
Flucht in den Untergrund
Die Verhaftung war Norbert Schmidt eine deutliche Warnung. Im Juni 1943 tauchte er unter. Er hatte gerüchteweise von einem geplanten neuen „Transport“ gehört und fürchtete, „daß die wenigen noch in Düsseldorf lebenden Sternträger von diesem Transport erfaßt würden“ (Anzeige gegen Waldbillig, 1946). Er begab sich zunächst nach Köln, wo er ich als Bombengeschädigter meldete. Die nächsten zwei Jahre wechselte er mehrfach den Wohnort – unangemeldet und ohne Lebensmittelkarten, er arbeitete unter anderem in einer Fabrik in Dortmund. Auf diese Weise konnte er sich dem Zugriff der Gestapo entziehen. Doch die Gestapo verhaftete am 22. Oktober 1943 seine Frau, die mit ihm andauernd in Kontakt stand, um seinen Aufenthaltsort zu erpressen. Sie wurde zunächst im Gefängnis Derendorf inhaftiert und musste für die Firma Panzer Zwangsarbeit leisten. Am 25. September 1944 wies die Gestapo sie in das KZ Ravensbrück ein, doch ihren Mann verriet Maria Schmidt nicht.
Nach Kriegsende kehrte Norbert Schmidt sofort in seine Heimatstadt zurück und lebte mit seiner Frau, die das KZ überlebt hatte, in Düsseldorf-Gerresheim. Er stellte Strafanzeige gegen die ehemaligen Gestapobeamten Pütz und Waldbillig und gehörte zu den Überlebenden, die im folgenden Ermittlungsverfahren als Zeugen auftraten. Bereits im Oktober 1945 wurde Norbert Schmidt Vorstandsmitglied der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Düsseldorf-Ost (heute: WOGEDO) und bald ihr Geschäftsführer (bis 1958). Der Wohnungsbestand der Genossenschaft war durch die Kriegszerstörungen und die jahrelange Misswirtschaft des nazistischen Vorstands erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden. Dem überaus tatkräftigen Norbert Schmidt gelang es, sie wieder auf Kurs zu bringen. Dabei sah er es als selbstverständliche Aufgabe an, besonders ehemalige Verfolgte – wie seinen Freund Josef Cohen und dessen Familie – mit Wohnraum zu versorgen. Nach seinem Tod wurde in Düsseldorf-Gerresheim eine gesamte Wohnsiedlung nach ihm benannt, auch eine Straße in Düsseldorf trägt seinen Namen.
Autor: Joachim Schröder