19.05.1928
Düsseldorf
–
03.03.2013
USA
Miriam wuchs mit ihren beiden älteren Schwestern und ihren Eltern in Düsseldorf auf. In der Pogromnacht wurde die Familie überfallen, der Vater in ein KZ verschleppt. Miriam und ihre Schwester Ingeborg kamen zum Schutz in die Niederlande in ein Kinderheim. Miriams Vater konnte von seiner Frau Hildegard aus dem Konzentrationslager gerettet werden und floh nach Kuba. Im Mai 1939 gingen Miriam, ihre Mutter und ihre Schwestern an Bord der St. Louis um ebenfalls nach Kuba zu gelangen. Im Hafen von Kuba erfuhren sie, dass niemand der 937 Passagiere das Schiff verlassen durfte. Nach zähen Verhandlungen durften 29 von Bord gehen. Auch die USA verweigerten den Flüchtlingen die Einreise. Letztendlich war der Kapitän gezwungen, den Rückweg nach Europa anzutreten. In Antwerpen konnten die Flüchtlinge an Land gehen und wurden auf vier verschiedene Ländern verteilt. Die Levins landeten im niederländischen Lager Westerbork. Nach der Besatzung durch die Deutschen wurden sie von dort aus in das KZ Bergen – Belsen deportiert. Kurz vor der Befreiung starb ihre Mutter an Hunger. Die drei Schwestern wanderten 1945 in die USA aus und trafen dort ihren Vater wieder. Miriam heiratete und bekam vier Kinder. Sie berichtete als Zeitzeugin von ihren Erlebnissen.
Text: Fiona Gdaniec / Sabine Reimann
Literatur und Quellen:
Oral history interview with Miriam Michaelis Skopf, USHMM, RG-50.477.0494
https://collections.ushmm.org/search/catalog/irn512380
Voyage of the St. Louis, also passenger list
https://www.ushmm.org/online/st-louis/
Gedenkblatt für Hildegard Levin, Yad Vashem
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de&s_id=&s_lastName=levin&s_firstName=hildegard&s_place=&s_dateOfBirth=&cluster=true
Snel, Wilhelm: Hilde & Max en hun dochters, in: https://www.joodsmonument.nl/en/page/692716/hilde-max-en-hun-dochters
Snel, Wilhelm: Mirjam Levin, in: https://www.joodsmonument.nl/en/page/692721/mirjam-levin
Miriam Michaelis wuchs mit ihren beiden älteren Schwestern Ingeborg und Ilse und ihren Eltern Max und Hildegard, einer Labortechnikerin, in Düsseldorf auf. In der Novemberpogromnacht wurde die Wohnung der Familie überfallen und komplett zerstört. Miriams Vater wurde verhaftet und in ein KZ verschleppt. Miriam und ihre Schwester Ingeborg kamen zum Schutz in die Niederlande in ein Kinderheim. Miriams Vater konnte von seiner Frau aus dem Konzentrationslager gerettet werden und floh allein nach Kuba.
Im Mai 1939 gingen Miriam, ihre Mutter und ihre Schwestern in Hamburg an Bord des Passagierschiffs St. Louis. Mit einer der letzten Passagen wollten sie Europa verlassen, um ebenfalls nach zu Kuba zu gelangen. Im Hafen von Kuba erfuhren sie, dass ihnen trotz Visa die Einreise verweigert wurde. Niemand der 937 Passagiere durfte das Schiff verlassen, das tagelang in Sichtweite der kubanischen Küste ankerte. An Land warteten Angehörige, denen die Flucht aus Deutschland, wie Vater Max, schon zuvor gelungen war. Einige von ihnen fuhren mit Beibooten zum wartenden Kreuzer der HAPAG hinaus, um zumindest mit Zurufen Kontakt zu ihren Verwandten an Bord aufnehmen zu können. Nach zähen Verhandlungen durften 29 Personen von Bord gehen, allen anderen wurde die Einreise verweigert. Auch die USA ließen die Flüchtlinge ebenso wie Kanada an Land. Letztendlich war der Kapitän, Gustav Schröder, gezwungen den Rückweg nach Europa anzutreten. Das Drama der St. Louis war Thema britischen Films „Voyage of the Damned“ (1976). Der NDR produzierte 2018 die Dokumentation „Kapitän Schröder und die Irrfahrt der „St. Louis“ – Erinnerungen an ein Drama auf See“.
In Antwerpen konnten die Flüchtlinge an Land gehen und wurden auf Großbritannien, Belgien, Frankreich und die Niederlande verteilt. Miriam landete mit ihrer Mutter und ihren Schwestern im „Zentralen Flüchtlingslager Westerbork“ in den Niederlanden. Ab 1942, nach der Besatzung der Niederlande durch die Deutschen, wurde Westerbork zum Sammel- und Durchgangslager unter der Leitung des SS. Über 107.000 deutsche und niederländische Juden und Jüdinnen wurden von dort aus in KZ- und Vernichtungslager deportiert. Die Levins wurden von dort aus in das KZ Bergen-Belsen gebracht. Dort mussten sie in einer Fabrik Zwangsarbeit leisten, Miriam reparierte Uniformen. Kurz vor der Befreiung, am 21. März 1945, verhungerte ihre Mutter. Insgesamt starben in Bergen-Belsen mehr als 52 000 Männer, Frauen und Kinder. Miriam, Ingeborg und Ilse überlebten und wanderten 1946 in die USA aus. Sie trafen dort ihren Vater wieder. Miriam arbeitete als Hutmacherin, heiratete und bekam vier Kinder. Sie berichtete als Zeitzeugin von ihren Erlebnissen während der NS-Zeit.
Ihre Erlebnisse wurden von Studierenden der HSD aufgegriffen, künstlerisch bearbeitet und im Fenster der Studierendenvertretung sichtbar und zugänglich gemacht. Die Konzeption, Kurzbiografie und Gestaltung entwickelten Ana Gropp-Kondic, Angelique Bergmann, Nadja Rohde-Vormann, Philippa Schweder, Fiona Gdaniec, Dennis Lohmann und Melisa Kurt.
Das "Zeitfenster" entstand im Seminar „Zeichen setzen!“, das von Alexander Flohé in enger Kooperation mit Christine Brinkmann und Sabine Reimann vom Erinnerungsort Alter Schlachthof am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften durchgeführt wurde. In insgesamt 7 Arbeitsgruppen entwickelten Studierende eigene erinnerungskulturelle Projekte, um die Geschichte des Ortes sichtbar zu machen – gerade unter den Bedingungen der Pandemie 2021. Entstanden sind vielfältige und kreative Erinnerungszeichen: im digitalen Raum, als künstlerische Interventionen, als Angebote der (jugend)kulturellen Bildung und vieles mehr. Wir bedanken uns herzlich für den beeindruckenden Einsatz der Studierenden für eine partizipative, kritische und lebendige Erinnerungskultur!
Mehr Ergebnisse aus dem Seminar finden Sie unter www.erinnerungsort-duesseldorf.de
Ein Projekt mit Unterstützung des BKM-Programms "Jugend erinnert"
Der Stammbaum wird aktuell überarbeitet und ist bald wieder verfügbar. Vielen Dank für Ihre Geduld.