10.07.1881
Essen
–
09.06.1944
Terezín
Max Hirschland stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Essener Familie. Seine Eltern, Joseph und Regine, hatten drei weitere Kinder: Ludwig, Regine und Ida. Max machte in Essen auf dem Burg-Gymnasium sein Abitur und absolvierte anschließend eine Banklehre. Nach dem Tod seines Vaters 1899 übernahm er mit seinem Bruder Ludwig das kleinere Bankhaus der Hirschland-Familie (Levi Hirschland) auf der Lindenallee in Essen. Im Juni 1919 heiratete er Gertrude Freudenberg. Sie bekamen zwei Kinder, Margot und Karl. 1937 starb Gertrude an einer seltenen Krankheit. Das Haus der Familie Hirschland wurde 1938 während der Pogromnacht von den Nazis geplündert. Kurz danach konnte Max Hirschland seinen Kindern Margot und Karl die Ausreise nach England ermöglichen und ihnen somit das Leben retten. Im Herbst 1939 wurde das Bankhaus Levi Hirschland aus dem Handelsregister gelöscht. 1942 mussten Max Hirschland und sein Schwiegervater Louis Freudenberg in das Barackenlager Holbeckshof in Essen-Steele ziehen. Am 20.7.1942 wurden beide zum Schlachthof in Düsseldorf gebracht und tags darauf von dort in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort kam Max Hirschland am 9.6.1944 ums Leben. 1985 wurde zum Gedenken an die Familie der Wiener Platz in Essen in Hirschlandplatz umbenannt.
Text: Annette Schulz
Literatur und Quellen:
Appelt, Krüssmann (2022): Auf blauen Steinen 2010. Architektur und Kunst am essener Kulturpfad. Online verfügbar unter https://issuu.com/hkruessmann/docs/holger_kr__ssmann_auf_blauen_steine , zuletzt geprüft am 21.3.2022.
Arolsen Archives | 11422001 - Ghetto Theresienstadt-Kartei | 11422001 - Ghetto Theresienstadt-Kartei. Online verfügbar unter https://collections.arolsen-archives.org/de/document/5047692, zuletzt geprüft am 21.3.2022.
Bormann, Patrick/Joachim Scholtyseck: Der Bankplatz Essen im „Dritten Reich“. München 2018.
Hannan, Charles: A boy in that situation. An autobiography, New York/San Francisco 1978 (deutsch: "... und dann mußte ich gehen". Die Geschichte eines jüdischen Jungen von 1933 bis 1940, Würzburg 1979)
Hirschland (2012): The Hannams. Online verfügbar unter https://hirschland.com/2012/02/20/the-hannams/, zuletzt geprüft am 21.3.2022.
Familien-Website (2012): https://hirschland.com/karl-und-margot-geschichte/
Jackson, Sonia (2015): Charles Hannam obituary. In: The Guardian, 15.7.2015. https://www.theguardian.com/education/2015/jul/15/charles-hannam-obituary, zuletzt geprüft am 21.3.2022.
LVR-Kuladig (2022): Barackenlager Holbeckshof in Steele | Objektansicht. Online verfügbar unter https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-18547-20111010-4, zuletzt geprüft am 21.3.2022.
Max Hirschland | Opferdatenbank | Holocaust. Online verfügbar unter https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/16006-max-hirschland/, zuletzt geprüft am 21.3.2022.
Treue, Wilhelm: Ein Fall von "Arisierung" im Dritten Reich und heute. Dokumentation, in: Tradition. Zeitschrift für Firmengeschichte und Unternehmerbiographie 16 (5/6) 1971, S. 288–301.
Familien-Website: https://hirschland.com/karl-und-margot-geschichte/
Max Hirschlands Eltern waren Josef und Regine Hirschland, geborene Freudenberg. Er hatte drei Geschwister, die alle und im Abstand von jeweils zwei Jahren zwischen 1918 und 1922 gestorben sind. Max Hirschland machte auf dem Burg-Gymnasium in Essen sein Abitur. Anschließend absolvierte er in Essen eine Banklehre and arbeitete anschließend in Berlin, London und Paris.
Nach dem Tod seines Vaters 1899 übernahm er gemeinsam mit seinem Bruder das 1840 von seinem Großvater Levi Hirschland gegründete kleinere Bankhaus der Hirschlandfamilie, das sich wie das größere Hirschlandbankhaus in der Lindenallee befand. Nach dem Tod seines älteren Bruders 1922 wurde er Alleininhaber. Nach dem Wahlsieg der Nationalsozialisten war die Familie starken antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt.
Im Juni 1919 heiratete er Gertrude Elisabeth Freudenberg, mit der er zwei Kinder hatte, die am 24.5.1920 geborene Margot und den am 26.7.1925 geborenen Karl. Am 18.12.1937 verstarb starb Gertrude an einer seltenen schweren Krankheit.
Am 10. November 1938 wurde das Haus von Max Hirschland von Nazis geplündert und stark verwüstet. Seine Kinder waren zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause, er konnte sich auf dem Dachboden verstecken und so auch einer Verhaftung entgehen. Nach der Verwüstung musste er mit seinen Kindern zu seinem Schwiegervater Louis Freudenberg ziehen.
Max Hirschland bemühte sich nun sehr, seine Kinder in Sicherheit zu bringen. Beide konnte er schließlich über einen Kindertransport nach England vermitteln. Für seine ältere Tochter Margot konnte er eine Stelle als Hausmädchen bei einer englischen Familie finden, seinen Sohn konnte er mit der Hilfe von dem Direktor der „Jawne“, einem privaten jüdischen Reform-Realgymnasium in Köln, ein Internat im Süden Englands vermitteln.
Im Gegensatz zu seinen meisten Familienangehörigen und trotz der Möglichkeit, in Brasilien bei einer Bank zu arbeiten, blieb Max Hirschland in Essen, um sich weiterhin um seinen Schwiegervater kümmern zu können.
Bereits 1934 arbeiteten in der Levi-Hirschland-Bank nur drei Bankangestellte und zwei Lehrlinge. Am 3. November 1938 wies der Reichskommissar für das Kreditwesen die Bank darauf hin, dass nur noch Bankgeschäfte, die „der Liquidation dienen“ durchgeführt durften. Im Herbst 1939 wurde das Bankhaus aus dem Handelsregister gelöscht.
1942 wurden Max Hirschland und sein Schwiegervater Louis Freudenberg zuerst in das Übergangslager „Holbeckshof“, einem auf einem ehemaligen Gelände einer Zeche eingerichteten und mit Stacheldraht umzäunten und durch Gestapoangehörige in Zivilkleidung und SA-Posten bewachten Barackenlager zwangsumgesiedelt. Dort mussten sich jeweils sechs Personen ein Zimmer teilen.
Max Hirschland schrieb seinen Kindern regelmäßig nach England, aber nur seine Tochter hielt mit ihm Kontakt. Sein Sohn stellt auf der Homepage 2010 mit großer Trauer fest, dass er auf keinen Brief seines Vaters reagiert hat. „Ein Vater ist ein mächtiger Mann, nicht? Er kann einen schützen. Dann bestieg ich den Zug, heute weiß ich, dass niemand schreien oder weinen durfte, weil sie sonst das Kind rausgezogen hätten. Und deshalb sagte er sehr ruhig: ‚Wiedersehen’. Im Englischen sagen wir: with a stiff upper lip. Das habe ich meinem Vater sehr übel genommen. Ich habe auch die Briefe nicht beantwortet, andauernd hat er geschrieben. Ich habe lange gebraucht, um die gute Seite von Allem zu sehen.“
Am 20.7.1942 wurde Max Hirschland gemeinsam mit seinem Schwiegervater zum Düsseldorfer Schlachthof gerbacht. Am kommenden Tag mussten sie zum Güterbahnhof Derendorf, von wo sie mit dem Transport „VII/1 (22. 07. 1942, Düsseldorf -> Terezín)“ in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurden. Dort kam Max Hirschland am 9.6.1944 ums Leben.
1985 wurde zum Gedenken an die Familie der Wiener Platz in Essen in Hirschlandplatz umbenannt.
Text: Anette Schulz
Der Stammbaum wird aktuell überarbeitet und ist bald wieder verfügbar. Vielen Dank für Ihre Geduld.