Maria
Djuk
aus Mülheim/Ruhr
02.07.1882
Istanbul
–
10.05.1942
Chełmno
Maria Djuk wurde in Konstantinopel geboren. Ihre Eltern waren zum Christentum übergetreten und auch alle Kinder waren evangelisch getauft. Nach ihrem Abitur an der Schottischen Missionsschule in Konstantinopel ließ sich Maria Djuk an der Diakonissenanstalt in Kaiserswerth als Lehrerin ausbilden. 1914 erhielt sie ihre erste Anstellung in Hochemmerich, seit 1917 arbeitete sie an der evangelischen Volksschule in Schwafheim (heute ein Stadtteil von Moers). Sie gehörte der evangelischen Gemeinde an und leitete die Jugendarbeit für Mädchen. Als die Nazis nach ihrer Machtübernahme alle jüdischen Beamten entließen, konnte Maria Djuk zunächst weiterarbeiten. Doch nach einer neuerlichen Überprüfung fiel den Behörden ihre „jüdische Abstammung“ auf und sie wurde entlassen, ohne dass ihre Kirchengemeinde dagegen protestierte. Maria Djuk lebte danach zurückgezogen in Mülheim/Ruhr, ein Angebot ihres in England lebenden Bruders, zu emigrieren, schlug sie aus. Als sie 1941 den Befehl zur „Evakuierung“ erhielt, unternahm sie einen Selbstmordversuch. Am 27.10.1941 wurde Maria Djuk in das Ghetto Łódź deportiert. Sie war dort Teil der christlichen Gemeinschaft. Sämtliche Mitglieder dieser Gruppe wurden am 9.5.1942 „umgesiedelt“, wie es offiziell hieß. Alle wurden im Vernichtungslager Chełmno ermordet.
Literatur und Quellen:
Jakobs, Hildegard u.a.: Im Getto von Litzmannstadt (Łódź). 1.003 Biografien der am 27. Oktober 1941 aus Düsseldorf Deportierten, Essen 2011 (CD-Rom)
Pleines Katharina/Brigitte Wirsbitzki: Wer war Maria Djuk? Spuren finden in Konstantinopel, Schwafheim, Mülheim – Ghetto Lodz, Auschwitz, Duisburg 1991
Autorin: Hannelore Steinert
Maria Djuk wurde am 2. Juli 1882 als drittes Kind des Ehepaares Rebecca und Moses Djuk geboren. Rebecca Djuk geb. Lewy stammte mütterlicherseits aus einer armenischen Rabbinerfamilie, Moses Djuk war polnisch stämmiger Jude. Das Ehepaar war zum Christentum übergetreten und auch Maria und ihre Geschwister Bellina, Sarina und Alexander wurden evangelisch getauft.
Die Familie lebte im „Deutschen Viertel“ am Bosporus, einer gutbürgerlichen Gegend. Maria und ihre Geschwister wuchsen in einem weltoffenen und gebildeten Elternhaus auf. Moses Djuk arbeitete als Missionar bei der Schottischen Mission. Alle Kinder besuchten die Schottische Missionsschule. Außer der Landessprache Türkisch sprach Maria Armenisch, Englisch, Französisch und Deutsch.
Rebecca und Moses Djuk hatten einen guten Kontakt zum deutschen Botschaftspfarrer Graf von Lüttichau, der Maria nach dem Abitur nach Deutschland in die Diakonissenanstalt Kaiserswerth empfahl. Dort studierte sie von 1900 – 1903 am Lehrerinnenseminar. Nach dem Studium kehrte Maria als ausgebildete Lehrerin in ihre Heimatstadt Konstantinopel zurück und unterrichtete bis 1905 an der Amerikanischen Töchterschule. Von 1907 bis 1914 arbeitete sie als Lehrerin an der Schottischen Missionsschule. Danach verließ sie Konstantinopel und ging zurück nach Deutschland.
Da sie sich bei Kriegsbeginn 1914 in Deutschland befand, bewarb sie sich bei der Königlichen Regierung in Düsseldorf um eine Anstellung als Lehrerin an einer Volksschule. In der evangelischen Volksschule Hochemmerich (Kreis Moers) bekam sie im September 1914 ihre erste Anstellung als Lehrerin, unterrichtete später unter anderem an der Höheren Mädchenschule. Obwohl sie türkische Staatsangehörige war, wurde sie am 23. September 1914 für den öffentlichen Dienst vereidigt. Am 25. Januar 1922 erhielt sie die deutsche Staatsbürgerschaft, blieb aber auch weiter türkische Staatsbürgerin.
1917 erhielt Maria Djuk eine Anstellung an der evangelischen Volksschule in Schwafheim . Dort unterrichtete sie alle Fächer, nicht nur mädchenspezifische. Die gebildete und selbstbewusste Frau war Lehrerin aus Berufung. Sie setzte sich für ihre Schulkinder ein und erteilte, wenn dies nötig war, Nachhilfeunterricht. An der Schwafheimer Schule unterrichtete sie im Laufe der Zeit sechzehn Schülerjahrgänge. Viele von ihnen erinnerten sich später noch gerne an ihre Lehrerin und den Unterricht, sie war sehr beliebt bei Kindern und Eltern. Sie war Mitglied der Evangelischen Kirche, besuchte regelmäßig sonntags den Gottesdienst und leitete die weibliche Jugendarbeit. Ihre Kollege Otto Schulz, der spätere NSDAP-Ortsgruppenleiter von Schwafheim, leitete zu dieser Zeit die evangelische Jungenarbeit.
Für eine christliche Schule nicht tragbar?
Der aufkommende Nationalsozialismus fand auch in der kleinen Gemeinde Schwafheim – heute ein Stadtteil von Moers – einen Nährboden: Aus der Wahl im März 1933 ging die NSDAP mit 509 Stimmen als stärkste Partei hervor (zum Vergleich: SPD 109 Stimmen, KPD 62 Stimmen, Zentrum 29 Stimmen). Die Lehrer der Schwafheimer Volksschule traten sehr schnell in die NSDAP ein und trugen das Parteiabzeichen offen an den Rockaufschlägen. Natürlich hing auch ein Adolf-Hitler-Bild in jedem Klassenzimmer.
Vermutlich kam auch aus Schwafheim die erste Anfrage beim Einwohnermeldeamt Moers nach der „arischen Abstammung“ von Maria Djuk. Am 31. Januar 1934 benachrichtigte das Einwohnermeldeamt den Vorsitzenden der Schuldeputation, selbstverständlich wurde auch der Schulrat informiert. Der zuständige Beigeordnete leitete die Mitteilung zusammen mit der Personalakte Maria Djuk am 2. Februar 1934 an die übergeordnete Behörde, den Regierungspräsidenten in Düsseldorf, weiter. Hierzu schrieb er: „Nach der in Abschrift beigefügten Anzeige des Einwohnermeldeamtes dürfte die arische Abstammung der Lehrerin zum mindesten zweifelhaft sein. Ich bitte, die Überprüfung von dort veranlassen zu wollen.“
Die Regierung in Düsseldorf prüfte, ob das Gesetz vom 14. Juli 1933 über die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft auch auf Maria Djuk anzuwenden sei. Am 7. März 1934 schickte der Regierungspräsident die Personalakte mit der Bemerkung zurück an den Schulrat, dass „die Angelegenheit der Lehrerin Djuk als erledigt anzusehen“ sei.
Trotz dieser Mitteilung des Regierungspräsidenten führte die Stadtverwaltung in Moers eine erneute Überprüfung durch. In einer Aktennotiz vom 12. März 1934 über die „Nachprüfung der Einbürgerungen in der Zeit von 1918 bis 1933“ im Rahmen des Gesetzes über die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft bestätigte der Unterzeichner, dass die Einbürgerungsakten noch einmal durchgesehen und mit den Angaben von Fräulein Djuk zu ihren Eltern verglichen und für richtig befunden“ seien. Im Augenblick war wohl keine weitere Verfolgung der Angelegenheit geplant.
Am 23. März 1934 schrieb ein Moerser Beigeordnete in Vertretung des Bürgermeisters erneut an den Schulrat: „Nach Angabe der Regierung ist die Lehrerin Maria Djuk tatsächlich jüdischer Abstammung. [...] Ferner bitte ich um Angabe, ob nach Ihrer Ansicht [...] eine Lehrperson jüdischer Abstammung für eine christliche Schule überhaupt geeignet ist.“ Dieser Beigeordnete hatte schon einmal die Personalakte Djuk an den Regierungspräsidenten weitergeleitet. Offensichtlich gab es in Schwafheim Personen, die die beliebte Lehrerin unbedingt aus dem Schuldienst entfernen wollten.
Maria Djuk erfuhr von diesen Vorgängen. Sie war so erschüttert, dass sie einen Nervenzusammenbruch erlitt. Dazu notierte der Bürgermeister von Moers am 24. April 1934 auf dem Schreiben: „Nach telef. Mitteilung des Herrn Schulrats ist die Lehrerin Djuk seelisch zusammengebrochen und wird in Kürze ihre Pensionierung selbst beantragen.“
Doch am 11. Mai 1934 erklärte Maria Djuk gegenüber dem Schulrat, dass sie nicht pensioniert werden wolle und mit der politischen Leitung der Schule, Herrn Suhr, Rücksprache halten wolle. Am 17. Juli notierte der Bürgermeister: „Ortsgruppenleiter (der NSDAP) Graf – Schwafheim wird die Angelegenheit nochmals überprüfen“. Am 6. August 1934 hat „Ortsgruppenleiter Graf anscheinend die Angelegenheit noch nicht überprüft.“ Nach weiteren 14 Tagen soll noch einmal nachgefragt werden.
Ihre Nichte Dorothea Duke besuchte Maria Djuk im Juni 1934. Sie versuchte, Maria und deren Schwester Sarina, die in Berlin-Lichtenrade als Diakonisse lebte, zur Emigration nach England zu überreden. Beide lehnten ab, sie glaubten nicht an eine ernsthafte Bedrohung.
Am 22. August 1934 notierte der Schulrat, dass auch der zuständige Beamte bei der Regierung Düsseldorf eine Pensionierung für sinnvoll halte. Sollte „die Djuk“ nicht zustimmen, soll gelegentlich eine Versetzung veranlasst werden.
Am 2. Oktober 1934 erklärte Maria Djuk gegenüber der Schulbehörde, dass sie sich wieder gut erholt habe, voll dienstfähig sei und noch keinen Antrag auf Pensionierung stellen wolle.
Am 29. November 1934 machten die maßgeblichen Personen bei der Verwaltung in Moers (Unterschrift D. B. – Dr. Bubenzer) der Bezirksregierung in Düsseldorf den Vorschlag, Maria Djuk in eine Großstadtschule zu versetzen. War ihnen nicht klar, dass keine Schule im Deutschen Reich eine „nichtarische“ Lehrerin einstellen würde? (M3a)
Die „Angelegenheit Djuk“ zog sich hin. In einem Briefwechsel zwischen der Verwaltung Moers und der Bezirksregierung in Düsseldorf wurde eine Versetzung zum 1. April 1935 ins Auge gefasst. Am 28. Mai 1935 wurde „die Angelegenheit Djuk von der Regierung als erledigt angesehen.“ Es sei besser, „die Lehrerin in ihrer ruhigen ländlichen Stelle zu belassen, als sie in eine Großstadtschulstelle zu verpflanzen und damit die Nichtarier-Eigenschaft der Lehrerin erneut zur Diskussion zu bringen.“
Daraufhin schaltete sich im August 1935 die Gauleitung Essen der NSDAP, Kreisleitung Moers, ein.
Nun kam Bewegung in die Personalangelegenheit Djuk. In seinem Schreiben vom 26. August 1935 an den Regierungspräsidenten in Düsseldorf schilderte Bürgermeister Dr. Eckert aus Moers die ziemlich verfahrene Situation: die Bezirksregierung wolle die Lehrerin in Schwafheim belassen, doch die NSDAP-Kreisleitung dränge auf ihre Entlassung. Eckert bat Regierungspräsidenten um nochmalige Prüfung. Gleichzeitig schrieb er auch an die NSDAP: hier wies er darauf hin, dass er ja alles unternommen habe um Maria Djuk versetzen zu lassen, doch es sei die Bezirksregierung Düsseldorf, die sich dagegen sperre.
Am 15. September 1935, während des Reichsparteitages der NSDAP in Nürnberg, verabschiedete der Reichstag in Berlin die sogenannten „Nürnberger Gesetze“. Sie bildeten die Grundlage für die Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland. Juden waren jetzt nur noch „Staatsbürger“ des deutschen Reiches, ohne politische Rechte. Sie durften keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden und verloren jedes Stimmrecht.
Nach dem Erlass des Reichs- und Preußischen Ministers des Innern vom 30. September 1935, in dem es hieß, dass jüdische Beamte mit Ablauf des 31. Dezember 1935 in den Ruhestand zu versetzen seien, wurde auch die Personalangelegenheit Djuk beschleunigt bearbeitet: Der Regierungspräsident in Düsseldorf teilte am 15. Oktober 1935 dem Bürgermeister in Moers mit, dass „der Fall Djuk in allernächster Zeit durch eine allgemeine ministerielle Regelung seine Erledigung finden (werde).“
Am 21. Oktober 1935 wurde Maria Djuk mit sofortiger Wirkung „von jeder Dienstleistung in der Schule befreit“ und ab 31. Dezember 1935 in den Ruhestand versetzt.
Mit Schreiben vom 21. März 1936 teilte der Regierungspräsident in Düsseldorf Maria Djuk mit, dass das gesetzliche Ruhegehalt auf 193,43 RM monatlich festgelegt würde. In Ihrem Personalbogen wurde das Gehalt mit den Steigerungen in den Besoldungsgruppen bis 1945 berechnet.
Maria Djuks Leben nach der Entlassung – Rückkehr nach Mülheim
Bekannten gegenüber äußerte Maria Djuk, dass sie Schwafheim verlassen wolle um wieder nach Mülheim zu ziehen. Sie suchte eine Wohnung, die aber nicht zu teuer sein durfte und bat auch Bekannte um ihre Hilfe. Sehr enttäuscht war sie vom Verhalten ihrer Kirchengemeinde in Schwafheim, in der sie sich sehr engagiert hatte. Einladungen von Bekannten lehnte sie ab und zog sich immer mehr zurück. Lediglich zum ehemaligen Rektor der Schule in Schwafheim und seiner Frau hielt sie noch den Kontakt aufrecht.
Am 28. Mai 1936 zog Maria Djuk nach Mülheim an der Ruhr in die Althofstraße 44a. Auf Einladung ihres Bruders Alexander, der schon früh nach England ausgewandert war, verbrachte sie im Sommer 1936 mehrere Wochen bei ihm und seiner Familie. Obwohl auch Alexander sie bat in England zu bleiben, kehrte sie nach Mülheim zurück. Ihrem Neffen Ferdinand Kerner, dessen Verlobte sich wegen seiner „nichtarischen“ Abstammung von ihm getrennt hatte riet sie, seine geplante Englandreise gleich anzutreten.
Mitte 1939 meldete ihre Hauswirtin den Behörden, dass eine Wohnung in ihrem Haus von einer „Nichtarierin“ besetzt sei. Maria Djuks Bruder drängte sie nochmals, nach England zu emigrieren, ohne Erfolg.
Das Leben für die „nichtarische“ Christin wurde immer härter. Maria Djuks monatliche Bezüge wurden gekürzt und Zusatzkarten für Kleidung und Lebensmittel musste sie abgeben. Hin und wieder brachten ihr Freundinnen Lebensmittel, um den Mangel auszugleichen.
Am 2. Juli 1940 feierte Maria Djuk ihren 58. Geburtstag. Die Gratulanten schenkten ihr „viele gute Sachen“. Das waren ganz alltägliche Dinge wie Seife, Garn, Reis, Nudeln. Ein Hilfsprediger, Mitglied der Bekennenden Kirche, und seine Frau brachten ihr Obst und Gemüse. Sonntags, beim Kirchenbesuch, setzten sie sich demonstrativ zu ihr.
In einem Brief vom Sommer 1940 schrieb sie ihrem Neffen Ferdinand Kerner, dass sie in Kaiserswerth Pastor von Lüttichau aufgesucht habe, der sie herzlich willkommen hieß. Ob sie ihn um Hilfe bat, ist nicht bekannt. Sie erwähnte es nicht in ihren Briefen.
Ferdinand Kerner suchte 1941 ebenfalls den Leiter der Diakonissenanstalt, Pastor Graf von Lüttichau auf und bat ihn, etwas für seine Tante zu tun. Nach Angaben von Ferdinand Kerner lehnte Lüttichau dies jedoch ab, obwohl er die Familie Djuk sehr gut kannte und während seiner Zeit als Botschaftspfarrer in Konstantinopel Maria nach Kaiserswerth zum Studium empfohlen hatte.
Deportation in das Ghetto Litzmannstadt/Łódź (Polen)
Als Maria Djuk 1941 von ihrer bevorstehenden Deportation erfuhr, versuchte sie Selbstmord zu begehen und sprang in Mülheim von der Mendener Brücke in die Ruhr. Passanten retteten sie.
Am Sonntag, den 26. Oktober 1941, fanden sich 50 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus Mülheim und Oberhausen, unter ihnen Maria Djuk, auf Weisung der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) mit ihrem Gepäck am städtischen Schlachthof in Düsseldorf, Rather Straße 23, ein. Über 1.000 Menschen wurden in der Großviehhalle, in der normalerweise das Vieh für den Schlachthof zusammengetrieben wurde, zusammengepfercht. Sie wurden registriert, sie selbst und ihr Gepäck, das nicht mehr als 50 kg wiegen durfte, wurden nach Wertgegenständen durchsucht, wobei sich manche Gestapobeamten schamlos bereicherten. Am folgenden Morgen, dem 27. Oktober 1941, mussten sie unter der Bewachung durch Polizei und Gestapo zu Fuß zum nahe gelegenen Güterbahnhof Derendorf gehen. Von hier aus wurden sie mit dem ersten „Düsseldorfer Transport“ in das Ghetto von Litzmannstadt/Łódź in Polen deportiert. Auf der Deportationsliste erschien Maria Djuks Name unter der Lfd. Nr. 227.
Die Ankunft im Ghetto und die Zustände dort waren für die neu Angekommenen ein Schock. Das Ghetto lag im ärmsten Stadtteil von Łódź, in Bałuty. Das „Düsseldorfer Kollektiv“, so die Bezeichnung dieses Transportes, wurde in die Häuser Fischstraße 15 und 21 (ul. Rybna) die geräumten Volksschulen 147 und 157, eingewiesen. Es gab dort weder elektrisches Licht noch fließendes Wasser. Die Düsseldorfer mussten das Wasser von einer Pumpe im Hof holen, die Toiletten waren ebenfalls im Hof. Allerdings waren das einfache Bretter über Fäkaliengruben, ohne Türen und Wände. Die Bewohner der umliegenden Häuser hatten das Holz bereits abgerissen und verfeuert. In den Räumen der „Kollektivunterkunft“ fanden die Neuankömmlinge keinerlei Mobiliar vor. Nach der entwürdigenden Behandlung am Schlachthof in Düsseldorf, vor der Deportation, sanken sie nun müde und erschöpft auf den nackten Boden. Ca. sechzig bis siebzig Personen wurden in einem Klassenzimmer untergebracht. Maria Djuk lebte mit 35 Personen im Zimmer 5, ul. Rybna 15. Das Schlafen in diesen beengten Verhältnissen bezeichnete ein Chronist als „Massengrabliegen“.
Im Ghetto fertigte der Kollektivleiter, der Düsseldorfer Rabbiner Dr. Siegfried Klein, auf Anweisung der „Einsiedlungskommission“ unter anderem eine Liste der „Rentner und Pensionäre“ an, in die er die Höhe der Pensionen/Renten aus dem „Düsseldorfer Kollektiv“ eintragen musste. Maria Djuk erhielt danach von der Regierungshauptkasse Düsseldorf nach wie vor einen Betrag in Höhe von 175,71 RM. Im März/April 1942 wurden die Zahlungen eingestellt.
Am 9. Mai 1942 erhielt Maria Djuk keine Lebensmittel mehr. Sie war von der Lebensmittelliste des „Düsseldorfer Kollektivs“ gestrichen worden, da sie sich bereits im Zentralgefängnis des Ghettos befand. Sie wurde mit dem „Christentransport“, der dem VI. Transport angeschlossen war, aus dem Ghetto in das Vernichtungslager Chełmno deportiert und dort am 10. Mai 1942 ermordet.
Im Jahr 1986 wurde die Straße in Schwafheim, an der die Volksschule liegt in der Maria Djuk unterrichtet hatte, in Maria-Djuk-Straße umbenannt. Am 6. November 2011 wurde an dem Turm der evangelischen Kirche in Schwafheim eine Gedenktafel für Maria Djuk enthüllt. Vor dem Haus Althofstraße 44a in Mülheim, der letzten Wohnung von Maria Djuk, liegt sei 2015 ein Stolperstein.
Autorin: Hannelore Steinert