22.02.1913
Holzminden
Teilkommandoführer im Einsatzkommando 5, Kriminalhauptkommissar in Düsseldorf
Jung war schon als Schüler in der NS-Bewegung aktiv, 1931 Mitglied der HJ, 1933 der SA – zudem Mitglied der Burschenschaft „Holzmindia“. Nach seiner ersten juristischen Staatsprüfung im Oktober 1936 trat er als Kriminalkommissaranwärter in den Dienst der Kieler Kriminalpolizei. Er besuchte die Führerschule der Sicherheitspolizei und des SD in Berlin-Charlottenburg, trat in die SS über und war seit 1939 Kommissar bei der Kieler Kripo. Im Mai 1941 wurde Jung zu den Einsatzgruppen abkommandiert, die nach dem Überfall auf die Sowjetunion hinter den Frontlinien die jüdische Bevölkerung ermordeten. Jung leitete ein Teilkommando des EK 5. Ende 1941 wurde er an andere Dienststellen der Sicherheitspolizei versetzt. Nach dem Krieg kurzzeitig inhaftiert, wurde er als „Entlasteter“ entnazifiziert und konnte 1953 in Dormund wieder in den Polizeidienst eintreten. Ab 1957 war Kriminalhauptkommissar Jung bei der Landespolizeibehörde des Regierungspräsidenten Düsseldorf tätig. 1960 wurde er wegen des Verdachts der Beteiligung an Kriegsverbrechen verhaftet. Das Düsseldorfer Schwurgericht verurteilte ihn 1966 zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus. Doch das Urteil wurde vom Bundesgerichtshof aufgehoben und zur Neuverhandlung zurückverwiesen. Zu einer Verurteilung Jungs kam es nicht mehr, das Verfahren wurde am 8.2.1973 wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt.
Literatur und Quellen:
Justiz und NS-Verbrechen, Nr. 636a, Bd. XXIV
Text: Joachim Schröder
Teilkommandoführer im Einsatzkommando 5, Kriminalhauptkommissar in Düsseldorf
Jung stammte aus Holzminden (Vater Oberlokomotivführer); nach erfolgreichem Abitur studierte er Rechtswissenschaften in Göttingen, München und Kiel, seine erste juristische Staatsprüfung erfolgte im Dezember 1936, sein 2. Staatsexamen bestand er nicht. Im Oktober 1936 trat er als Kriminalkommissaranwärter bei der Kripo Kiel ein und war dort bis Oktober 1937 im Dienst. Danach nahm er an einem Lehrgang an der Führerschule der Sicherheitspolizei und des SD in Berlin-Charlottenburg teil (Prüfung zum Kriminalkommissar am 2.7.1938).
Jung hatte bereits als Schüler den NS-Schülerbund in Holzminden mitbegründet, dem er bis Mai 1931 angehörte. Am 1.11.1931 trat er in die Hitler-Jugend, am 1.5.1933 in die SA ein – nach eigener Aussage, weil alle aktiven Mitglieder seiner Burschenschaft, der Holzmindia“, dort geschlossen eingetreten waren. Anlässlich des Examens an der Führerschule sei allen Teilnehmern der Beitritt in die SS nahegelegt worden – am Tage des Examens und der Ernennung zum Kriminalkommissar wurde er als „Untersturmführer“ in die SS aufgenommen. Am 31.3.1939 erfolgte die reguläre Ernennung zum KK (bei der Kripo Kiel), am 23.5.1940 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit aufgenommen (und erhielt den Angleichungsdienstgrad des Obersturmführers). Bei der Kripo Kiel war er Leiter des Dezernats Diebstahl und Betrug, führte seit dem 1.5.39 aber „ehrenamtlich“ zugleich die „SD-Dienststelle Kiel“.
Am 1.4.1941 wurde Jung zur Kripoleitstelle Berlin abgeordnet, verrichtete dort aber keinen Dienst, sondern nahm an einem weiteren Lehrgang für den höheren Verwaltungsdienst teil. Im Mai 1941 wurde diese Ausbildung unterbrochen und fast alle Teilnehmer wurden an die Grenzpolizeischule in Pretzsch abgeordnet. Dort wurden die Teilnehmer auf den Kriegseinsatz vorbereitet und in Einsatzgruppen und -kommandos eingeteilt. Jung nahm als Angehöriger des EK 5 am Überfall auf die Sowjetunion teil und blieb bis August Angehöriger des EK 5. Jung war Leiter eines eigenen Teilkommandos, das vor allem in der Region um Kiew Massenmorde an der jüdischen Bevölkerung beging: „Es waren Männer, Frauen und Kinder. Sie wurden auf Anordnung des Angeklagten Jung wie üblich außerhalb des Ortes an dem vorbereiteten Massengrab durch Genickschuss getötet“, wie 1966 das Schwurgericht Düsseldorf feststellte.
Ab November 1941 setzte Jung seinen unterbrochenen Lehrgang fort und legte eine dem 2. Staatsexamen gleichgestellte Prüfung ab. Im September 1942 wurde er an das Reichssicherheitshauptamt abgeordnet und zugleich zum SS-Hauptsturmführer befördert. Dort wurde er mit den Vorbereitungen für das sog. „Unternehmen Zeppelin“ betraut – hierbei wurden geeignete und hilfswillige sowjetische Kriegsgefangene ausgesucht und für Diversions- und Sabotageakte hinter der Front ausgebildet. Im Zuge seiner weiteren juristischen Ausbildung wurde Jung noch zum Landratsamt nach Johannisburg (Ostpreußen) und zum Regierungspräsidenten Königsberg versetzt. Im Anschluss war er als Regierungsassessor für einen Posten beim BdS in Minsk vorgesehen, was Jung aber abwenden konnte. Stattdessen wurde er persönlicher Referent des Dienststellenleiters der Gestapoleitstelle Stettin.
Nach dem Krieg meldete er sich wieder zum Polizeidienst bei der Kripo in Kiel, wurde aber von der britischen Militärregierung entlassen und mehrfach kurzzeitig inhaftiert. Eine Wiedereinstellung bei der Polizei in Kiel scheiterte trotz Entnazifizierung als „Entlasteter“ (Gruppe 5). Darauf bewarb er sich beim Polizeipräsidium Dortmund, das ihn im Mai 1953 als Kriminalpolizeiobermeister und Beamter auf Widerruf einstellte. Rasch wurde der erfahrene Kripobeamte befördert (am 21.12.1957: Kriminalhauptkommissar). Seit 1957 war Jung beim Regierungspräsidenten Düsseldorf (Landespolizeibehörde) Leiter des für Fragen der Kriminalpolizei zuständigen Dezernats. Doch Ende der 1950er Jahre lenkte eine Kampagne der ÖTV die öffentliche Aufmerksamkeit auf die NS-Vergangenheit zahlreicher nordrhein-westfälischer Kriminalbeamter und Jung geriet ins Visier der Staatsanwaltschaft.
Am 6.5.1960 wurde er wegen des Verdachts, an schweren NS-Verbrechen beteiligt gewesen zu sein, verhaftet. Er blieb nur einen Tag in Untersuchungshaft, wurde aber vom Dienst suspendiert. Eine weitere Verhaftung folgte am 6.1.1964, diesmal für fast ein Jahr. Bis zur Verkündung des Urteils am 5.8.1966 war er dann von weiterer U-Haft verschont. Obwohl Jung selbst während der Verhandlung seine Tätigkeit als Teilkommandoführer und mehrere von ihm angeordnete Exekutionen nicht bestritten hatte, sah das Gericht nur eine von ihm angeordnete Erschießung von mindestens 15 Menschen als erwiesen an und verurteilte ihn wegen „Beihilfe zum Mord“ in „einem Fall“ (!) zu dreieinhalb Jahre Zuchthaus.
Jung ging jedoch in Revision, da er bestritt, die Exekution selbst angeordnet zu haben. Der Bundesgerichtshof erblickte Widersprüche im Urteil des Schwurgerichts und gab Jung Recht, hob das Urteil am 29.1.1968 auf und verwies es zur erneuten Verhandlung an das Düsseldorfer Schwurgericht zurück. Wegen andauernder Verhandlungsunfähigkeit stellte dieses das Verfahren gegen den erst 60jährigen Jung am 8.2.1973 schließlich ein.
Text: Joachim Schröder
Der Stammbaum wird aktuell überarbeitet und ist bald wieder verfügbar. Vielen Dank für Ihre Geduld.