Joseph
Emonds
aus Euskirchen
15.11.1898
Erkelenz
–
07.02.1975
Euskirchen
Joseph Emonds studierte Theologie und wurde 1922 Priester. Nachdem er zunächst ein Krankenhaus in Dormagen geleitet hatte, wurde er nach Köln-Ehrenfeld versetzt, wo er sich in der christlichen Jugendarbeit engagierte. 1928 erhielt er eine Kaplan-Stelle an St. Laurentius in Essen-Steele. Emonds war für sein soziales Engagement bekannt und wurde nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten von der Gestapo von Beginn an überwacht – wegen regimekritischer Äußerungen und weil er Kontakte mit Gegnern und Verfolgten des NS-Regimes unterhielt und sich für sie einsetzte. Als ihm 1938 selbst die Verhaftung drohte, wurde er erneut versetzt. In der Eifelgemeinde Kirchheim weitete Emonds seine Widerstandstätigkeit sogar noch aus. Er half jüdischen Flüchtlingen beim illegalen Grenzübertritt, besorgte Unterkünfte und Ausreisedokumente. Im Winter 1944/45 versteckte er Mathias und Hilde Barz, die untergetaucht war, um der Deportation durch die Gestapo zu entgehen, wochenlang im Dachgeschosse des Pfarrhauses. Als das Versteck aufzufliegen drohte, verschaffte er ihnen eine weitere Bleibe, so dass sie gerettet wurden. 2014 wurde Emonds von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem für seine Verdienste als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.
Literatur und Quellen:
Arntz, Hans-Dieter, Judenverfolgung und Fluchthilfe im deutsch-belgischen Grenzgebiet. Kreisgebiet Schleiden, Euskirchen, Monschau, Aachen und Eupen/Malmedy, Euskirchen 1990, S. 712-716
Arntz, Hans-Dieter: Dechant Joseph Emonds, Widerstandskämpfer und Fluchthelfer der Juden. In: http://www.hans-dieter-arntz.de/artikel.html
Leben und Werk des Dechanten Joseph Emonds. Hrsg. von der Joseph-Emonds-Schule/Gemeinschaftshauptschule Kuchenheim der Stadt Euskirchen. Euskirchen o.J.
Josef Emonds (1898-1975), Priester und NS-Widerstandskämpfer (Website LVR: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/E/Seiten/JosephEmonds.aspx?print=true)
Autor: Joachim Schröder
Joseph Emonds empfing nach seinem Studium der Theologie am 13. August 1922 in Köln die Priesterweihe. Als Kaplan an Herz-Jesu in Aachen von 1922 bis 1924 sowie als Krankenhausrektor in Dormagen von 1924 bis 1926 gewann er seine ersten politischen Eindrücke in einer Zeit der Massenverarmung, Besatzung und des Widerstandes. Schon damals missfiel vielen seine „linke“ Haltung und sein Engagement für Unterdrückte und Arbeiter. So wurde er 1926 nach St. Peter in Köln Ehrenfeld versetzt, um „einen neuen Start“ zu bekommen. Hier engagierte er sich sofort in der Jugendarbeit, übernahm die geistige Leitung des Quickborn, einer katholischen Jugendorganisation, und fand später in Romano Guardini, dem berühmten Religionsphilosophen, einen väterlichen Freund und steten Diskussionspartner. In Köln-Ehrenfeld lernte er auch Susi Hansonis kennen, die mit ihm die Jugendarbeit förderte und später im 3. Reich Menschen das Leben rettete. Es sei nur am Rande erwähnt, dass der junge Geistliche besonders in Köln-Ehrenfeld mit einer kritischen Jugend konfrontiert wurde, von der später im Zusammenhang mit der Widerstandsgruppe „Edelweißpiraten“ noch viel gesprochen werden sollte.
Der ungemein geistig rege, sehr kritische Priester blieb in Köln nicht lange. Schon 1928 betreute er eine Kaplanstelle an St. Laurentius in Essen-Steele, wo er wohl die entscheidenden Jahre seines Lebens verbrachte. Der Übergang der Weimarer Republik in das Dritte Reich mit den nun folgenden Auseinandersetzungen, Diskriminierungen und Judenverfolgungen war wohl die Zeit, die sein späteres Handeln am deutlichsten prägte.
Sein Engagement für die Juden war so groß, dass er das Vertrauen vieler Flüchtlinge genoss. Er besorgte Unterlagen, verschaffte Pässe, koordinierte geheime Grenzübergänge. Seine Kontakte zur verbotenen SPD und den im Untergrund lebenden Kommunisten machten ihn von Anfang an der Gestapo verdächtig, sodass er seit 1933 systematisch beschattet wurde. Dass er bei den Verfolgten absolutes Vertrauen besaß, erkennt man daran, dass ihm die Frau eines jüdischen Amtsgerichtsrates ihre Wohnungseinrichtung überließ und am Tage nach der „Reichskristallnacht“ in einem Testament notariell vermachte. Diese Frau, Sarah Marcus, erhielt auch später von Joseph Emonds Unterstützung, in einer Zeit, als ihr der Übergang zum katholischen Glauben keinen Schutz mehr bot. Voller Dankbarkeit schenkte sie damals dem inzwischen in Kirchheim bei Euskirchen als Pfarrer wirkenden Priester einen Kelch mit Inschrift, der noch heute beim Gottesdienst Verwendung findet, ohne dass die Voreifeler wissen, woher er stammt.
1938 war Joseph Emonds in Essen-Steele „politisch zu sehr gefährdet“, wie sich einmal ein kirchlicher Würdenträger ausdrückte. Man versetzte ihn in das bereits erwähnte Kirchheim, etwa 35 km von Köln entfernt. Hier, unauffällig für die Gestapo, konnte er jedoch noch besser wirken. Oberkirchenrat Dr. Heinz Kloppenburg (Bremen) erinnerte sich an einen theologischen Arbeitskreis in Bonn, in dem katholische und evangelische Pfarrer und Laien miteinander diskutierten. Die Begegnungen im Hause des katholischen Arztes Dr. Josef Kill wurden besonders von Pfarrer Wichert und Pastor Emonds gestaltet. Hier hatte Joseph Emonds in Pfarrer Goethe aus Darmstadt den ersten Kontakt zum Widerstand und erfuhr wohl auch von den geplanten Vorbereitungen des Attentates gegen Hitler.
Die Tatsache, dass Emonds paradoxerweise bei der Gestapo-Leitstelle in Düsseldorf einen guten Bekannten in einflussreicher Position hatte, den er von seinem Priesterstudium in Bensberg her kannte, brachte es mit sich, dass ihm auf verschlüsseltem Wege Namenslisten nach Kirchheim zugestellt wurden. Die nach uns heute unbekannten Kriterien analysierten Listen wurden als Privatpost an Susi Hansonis nach Köln geschickt, die diese dann ins Generalvikariat brachte.
Auf diese Art und Weise wurde vielen katholischen Geistlichen, Angehörigen von „Mischehen“ und auch „Volljuden“ das Konzentrationslager erspart. Der SS-Mann N. veranlasste auch den jungen Pfarr-Vikar Johannes Hüttenbügel, von September bis Dezember 1944 in Kirchheim unterzutauchen. Später wurde er Prälat in Köln, Leiter der Fachstelle des Erzbistums für Büchereien und Schrifttum, sowie Referent für ökumenische Fragen. Tatsächlich konnte der Geistliche nach dem Kriege von P. Constantin Noppel, einst Rector des Collegium Germanicum in Rom, erfahren, dass sein Name auf einer Liste stand, auf der zukünftige Dachau-Häftlinge erfasst waren.
Joseph Emonds, der ab 1944 Dechant des Dekanates Münstereifel war, gehörte auch einem Ring an, der Juden versteckte. Die damalige Haushälterin A. Schürkes glaubte sich später zu erinnern, dass die gesamte Organisation in den Händen einer Gräfin in Düren oder Jülich gelegen habe. Als diese bei einem Bombenangriff umkam, ergriff Dechant Emonds die Initiative. Der Düsseldorf Künstler Matthias Barz und seine jüdische Ehefrau, die Schauspielerin Hilde Stein, die bisher bei dem Künstler Otto Pankok in Pesch (bei Nettersheim) untergekommen waren, fanden im Dachgeschoß des Kirchheimer Pfarrhauses vorläufige Unterkunft. Die beiden hatten untertauchen müssen, weil Hilde Stein von der Düsseldorfer Gestapo die Aufforderung erhalten hatte, sich am 17. September 1944 im Düsseldorfer Schlachthof einzufinden, von wo sie deportiert werden sollte. Im Rahmen der Vorbereitungen zur Ardennen-Offensive (Dezember 1944) war im Erdgeschoss des Kirchheimer Pfarrhauses ein kleiner Stab der SS untergebracht, und Dechant Emonds berichtete später, dass von den Lebensmitteln der Verfolger die Verfolgten leben konnten. Beide überlebten die NS-Herrschaft.
Dieses Künstlerehepaar war es auch, das später die Hilfsbereitschaft des Eifeldechanten öffentlich machte. In einer vom ZDF ausgestrahlten Sendung erfuhr die Öffentlichkeit erstmals am 20. Juli 1964 etwas von der Tätigkeit des Priesters, der am 7. Februar 1975 in Kirchheim starb. Von seinen Freunden ist an erster Stelle der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann zu nennen, der Joseph Emonds seit dessen Wirken in Essen stets – auch politisch – verbunden war.
© Hans-Dieter Arntz