16.05.1926
Mönchengladbach
–
11.08.2000
Dormagen
Irene Harf war die Tochter von Albert und Adele Harf, ihr Bruder wurde Rudi gerufen. Die Familie war dem jüdischen Glauben fest verbunden und hielt Sabbat und die jüdischen Feiertage ein. Zwei Jahre nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten machte der Viehbetrieb von Irenes Vater bankrott, die Familie musste von der Wohlfahrt leben. Nach der Pogromnacht am 9./10.11.1938 und der kurzzeitigen Inhaftierung des Vaters wollte die Familie eigentlich emigrieren – die Visa nach Buenos Aires, wo eine Cousine Irenes wohnte, waren schon besorgt. Aber wegen des Kriegsausbruchs scheiterte die Ausreise. Am 10.12.1941 wurde Irene mit ihrer Familie vom Düsseldorfer Schlachthof ins Ghetto Riga deportiert, wo sie in einem Armeebekleidungslager arbeiten musste. Vom Ghetto Riga kam sie ins KZ Stutthof, von dort musste sie noch auf einen „Todesmarsch“. Als einzige ihrer Familie erlebte sie ihre Befreiung. Sie kehrte nach Dormagen zurück, wo sie Jakob Dahl aus Dormagen heiratete – ihn hatte sie im Ghetto von Riga kennengelernt. Sie gründeten eine Familie und blieben in Dormagen, obwohl Irene lieber ausgewandert wäre.
Literatur und Quellen:
Dahl, Irene: Mein Leben. Zur Erinnerung an meine Nachwelt (Manuskript 1979, veröffentlicht: http://www.verastrobel.de/Projekte/Geschichte%20live/Mein%20Leben.pdf)
Interview der Geschichtslehrerin Vera Strobel mit Frau Hanni Paschek-Dahl (2009)
Sherman, Hilde: Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt/M. 1984, S. 61
Neuß-Grevenbroicher Zeitung (25.11.2011). Dormagen: Traditionsmetzgerei schließt Landesarchiv NRW R, Ger. Rep. 198 Nr. 2266 (Wiedergutmachungsakte)
Text: Vera Strobel
Irene Harf war die Tochter des Viehhändlers Albert Harf (geb. 1887) und seiner Ehefrau Adele (geb. Zanders 1886). Sie hatte einen Bruder, Rudolf (1924). Die Familie war dem jüdischen Glauben fest verbunden und hielt Sabbat und die jüdischen Feiertage ein. Albert Harf war Soldat im Ersten Weltkrieg und hatte das Eiserne Kreuz II. Klasse erhalten. Der vor der Machtübernahme des NS-Regimes gut gehende Viehbetrieb von Albert Harf machte bankrott und die Familie musste seit 1935 von der Wohlfahrt leben. Auch in der Schule wurde es für Irene unerträglich, so musste sie z.B. den Raum verlassen, wenn „Rassenkunde“ unterrichtet wurde und war danach den Quälereien der Mitschüler ausgesetzt. 1937 war sie deshalb gezwungen die jüdische Schule in Rheydt zu besuchen, täglich fuhr sie mit der Eisenbahn dorthin.
Während der Pogromnacht 9./10.11.1938 wurde Irenes Vater verhaftet und verbrachte einen halben Tag in sogenannter „Schutzhaft“. Irenes Cousine Fine Harf und ihre Familie war rechtzeitig nach Buenos Aires/Argentinien geflohen und hatte für Irene und ihren Bruder Rudi Visa besorgen können. Im Oktober 1939 sollte ihr Schiff abfahren, aber durch den Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 durften sie nicht mehr ausreisen.
Am 10.12.1941 wurde Irene Harf mit ihren Eltern und ihrem Bruder Rudi vom Düsseldorfer Schlachthof ins Ghetto Riga deportiert. Der Hausrat von Familie Harf wurde nach deren Deportation beschlagnahmt und versteigert. Der Versteigerungserlös von 872,40 RM wurde von der Oberfinanzkasse in Düsseldorf vereinnahmt. Im Ghetto Riga Irene musste Irene in einem Armeebekleidungslager arbeiten. Ihr Bruder Rudi wurde 1942 gezwungen mit einer Gruppe junger Männer der SS beim Auswerfen und Zuwerfen von Massengräbern zu helfen und wurde nach drei Monaten erschossen. Ihr Vater kam ebenfalls 1942 im Ghetto ums Leben. Irene wurde im Oktober 1944 mit ihrer Mutter ins KZ Stutthof (bei Danzig) gebracht, ihre Mutter starb dort an Entkräftung.
Als die Front näher rückte wurde Irene von der SS auf einen Todesmarsch nach Westpreußen/Danziger Bucht verschleppt und 13.03.1945 von der Roten Armee befreit. In Brunsberg erhielt sie vom Internationalen jüdischen Komitee einen Verfolgtenausweis und ein paar Zlotys und macht sich mit einigen anderen überlebenden Frauen des KZ Stutthof auf den Weg Richtung Rheinland. Irene Harf ist die einzige Überlebende der ehemals großen Familie Harf.
Im August 1947 heiratete sie den Holocaustüberlebenden Jakob Dahl aus Dormagen in der Synagoge Roonstraße in Köln. Er hatte durch das Rote Kreuz nach Angehörigen seiner Familie und Mitgefangenen im Ghetto Riga forschen lassen und hatte erfahren, dass die mittlerweile 19-jährige Irene Harf aus Wickrath die Haft im Ghetto Riga und im KZ Stutthof überlebt hatte. Jakob hatte Irene im Ghetto Riga über seine Schwester Emmi kennen gelernt. Ein Jahr nach der Hochzeit kam ihre Tochter Hanni, 1954 die zweite Tochter Ruth zur Welt. Irene wollte nach Argentinien zu ihrer Cousine auswandern, aber Jakob wollte in Dormagen bleiben und die Metzgerei seiner Eltern weiterführen. Sie starb am 11.08.2000 und wurde auf dem denkmalgeschützten jüdischen Friedhof in Dormagen neben ihrem bereits 1968 verstorbenen Ehemann beerdigt. Ihr Enkel Thomas Paschek hat seine Tochter nach seiner Großmutter Irene genannt.
Text: Vera Strobel
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