Heinz
Illig
aus Ratingen
16.12.1910
Eisleben
–
14.04.1983
Blomberg
Heinz Illig wuchs, evangelisch erzogen, bei seinen Eltern und mit vier Schwestern in Eisleben auf. 1926 begann er eine Ausbildung zum Buchhalter bei der städtischen Stadtsparkasse. Am 1.5.1933 trat er der NSDAP bei und wurde „Blockleiter“. Als Freiwilliger für die Waffen-SS wurde er 1940 auf Grund eines attestierten Leistenbruchs abgelehnt. Heinz Illig war seit dem 1.3.1940 als Schutzpolizist im Range eines Polizeiwachtmeisters in Bochum beschäftigt, wenig später wurde er zur Staatspolizeileitstelle nach Düsseldorf versetzt, 1943 zog er nach Ratingen. Er war mehrfach an den Deportationen der jüdischen Bevölkerung beteiligt. Zudem erledigte er typische Aufgaben der Gestapo wie beispielsweise Passkontrollen, Hausdurchsuchungen oder Verhaftungen. Überlebende schilderten ihn als extrem brutalen Gestapobeamten. Nach der Befreiung Düsseldorfs durch die Alliierten am 17.4.1945 wurde er für eine kurze Zeit im Kriegsgefangenenlager Sinzig am Rhein interniert. Abgesehen von seiner Internierung wurde er nie zur Rechenschaft gezogen. Im Zuge der Entnazifizierung wurde er in die Kategorie III, also als „Minderbelasteter“, eingestuft. Nach dem Krieg arbeitete er bei verschiedenen Firmen in Blomberg, wo er mit seiner zweiten Frau und zwei Kindern wohnte, unter anderem als Kabelleger oder Maurer.
Literatur und Quellen:
Fleermann Bastian: „…und habe ein ehrliches und anständiges Leben geführt.“ Der Gestapoangestellte Heinz Illig und seine Arbeit in Düsseldorf und Ratingen, in: Ratinger Forum. Beiträge zur Stadt- und Regionalgeschichte 12 (2011), S. 61-85.
Website Yad Vashem (http://db.yadvashem.org/deportation/agencyDetails.html?language=de&itemId=7455244;)
Autorin: Merle Weidtmann
Heinz Illig wuchs mit vier Schwestern in einer evangelischen Familie auf. Sein Vater, Max Illig, geboren 1882 in Gräfenthal, war ein Grubensteiger. Seine Mutter Klara Illig, geborene Schmidt, 1886 in Eisleben zur Welt gekommen, war Hausfrau und kümmerte sich um die fünf Kinder. Heinz Illig besuchte von 1917 bis 1920 die Volksschule in Eisleben, später die Mittelschule, die er mit einem Abschlusszeugnis verließ. Im Jahr 1926 begann er eine Ausbildung zum Buchhalter bei der städtischen Sparkasse und arbeitete dort insgesamt sieben Jahre. Später wechselte er für ein Jahr zu der Sparkasse in Bad Doberan, danach arbeitete er drei Jahre im ostwestfälischen Blomberg.
Nach eigenen Angaben wählte Heinz Illig bei den Reichstagswahlen 1932 noch die SPD, wechselte aber bei den nächsten Wahlen im März 1933 zu der NSDAP. Am 1.5.1933 trat er mit der Nummer 3491750 in die NSDAP ein und wurde schnell zum Blockleiter.
Er heiratete seine 18-jährige Freundin Martha Wagner am 17.10.1937 und zog in einer Wohnung in Blomberg mit ihr zusammen. Ihr erstes Kind Jörg kam am 13.3.1939 auf die Welt. Am 21.2.1941 verstarb Martha Wagner auf Grund von Nierenversagen bei der Geburt des zweiten Kindes; das Kind starb dabei ebenfalls.
Wegen eines attestierten Leistenbruchs wurde Heinz Illig 1940 als Freiwilliger von der Waffen-SS abgelehnt. Seinen Dienst als Schutzpolizist im Range eines Polizeiwachtmeisters trat er am 1.3.1940 in Bochum an. Am 15.4.1940 erfolgte seine Versetzung zur Staatspolizeileitstelle Düsseldorf, dort arbeitete er als Anwärter zum Kriminalangestellten bei der Gestapo, zuerst im Innen- und später im Exekutivdienst. Außerdem war er seit diesem Zeitpunkt auch Blockwalter bei der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV). Einen Beamtenstatus erlangte er jedoch nie. Heinz Illig wurde dem 1935 ins Leben gerufenen „Judenreferat“ zugeordnet und war dort ab Herbst 1941 mit den Deportationen aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf beschäftigt. Er war dadurch maßgeblich an den Deportationen von Düsseldorf-Derendorf beteiligt.
Am 26.4.1941 meldete sich Heinz Illig in Bochum ab und in Düsseldorf an, er bezog eine Wohnung an der Parkstraße 27. Er trat der NSDAP-Ortsgruppe Ratingen am 14.12.1943 bei.
Heinz Illig bezog am 19.6.1943 ein Zimmer auf der Lintorferstraße 17 in der Ratinger Innenstadt, fußläufig zum Gefängnis an der Wiesenstraße 1.
Seit diesem Jahr war er im Exekutivdienst für „Judenangelegenheiten“, Passkontrollen, Deportationen, Hausdurchsuchungen, Verhöre, Verhaftungen und für die Prüfungen von Denunziationen aus der Bevölkerung verantwortlich. Sein sich daraus ergebendes Spezialgebiet waren die „Mischehen“, also Ehen zwischen „Ariern“ und Juden.
Zeugenaussagen nach zu urteilen war Heinz Illig an mehreren Deportationen beteiligt, außerdem verhielt er sich während von ihm geführten Verhören extrem brutal und misshandelte seine Opfer oft physisch und psychisch, indem er ihnen unter Androhung von Gewalt und der Verschleppung in ein Konzentrationslager falsche Geständnisse „entlockte“. Außerdem war er einer der Verantwortlichen bei der Deportation nach Therensienstadt am 25.6.1943. Bei diesem Transport wurden viele alte und kranke Menschen deportiert, unter anderem auch viele Menschen aus den eben beschriebenen „Mischehen“.
Bei der Befreiung Düsseldorfs durch die Alliierten am 17.4.1945 geriet Heinz Illig sofort in amerikanische Kriegsgefangenschaft und wurde bis zum 29.6.1945 in dem Kriegsgefangenenlager Sinzig am Rhein interniert. Er blieb jedoch bis zum Ende des Jahres 1945 in Ratingen gemeldet.
Von Oktober 1945 bis Juli 1946 arbeitete er gelegentlich als Kabelleger, Maurer oder kaufmännischer Angestellter bei verschiedenen Firmen in Blomberg. Eine erneute Verhaftung Heinz Illigs erfolgte dann am 24.7.1946; bis zum 14.8.1947 war er im Lager Staumühle bei Paderborn interniert.
Seit dem Ende des Jahres 1947 erreichten den Düsseldorfer Ausschuss zur Entnazifizierung unzählige Belastungsschreiben bezüglich Heinz Illig. Ende Juli 1949 wurde das Entnazifizierungsprogramm gegen ihn eingestellt, er wurde in der Kategorie III, also als „Minderbelasteter“ eingestuft. Diese Einstufung brachte erstens eine Bewegungs-Beschränkung, zweitens eine politische Beschränkung, drittens eine Sperre des Vermögens und der Konten und viertens eine Anstellungs-Beschränkung mit sich. Die Anstellungs-Beschränkung beinhaltete das Verbot einer Tätigkeit im Büro, im öffentlichen und halböffentlichen Dienst. Heinz Illig reichte gegen die Einstufung in die Kategorie III Beschwerde ein; er wollte in die Kategorie II als „Mitläufer“ aufgenommen werden. Das Düsseldorfer Schwurgericht war mit dem Fall Heinz Illig beauftragt und verurteilte ihn im Frühjahr 1950 zu einem Jahr Haft. Aufgrund seiner Internierungszeit galt die Haftstrafe jedoch als bereits verbüßt.
Zu dieser Zeit wohnte Heinz Illig mit seiner zweiten Frau und zwei Kindern wieder in Blomberg, er arbeitete als Fabrikangestellter.
Heinz Illig starb am 14. April 1983 im Alter von 72 Jahren.
Autorin: Merle Weidtmann