Dr.
Hanns
Windgassen
aus Düsseldorf
21.10.1904
Wuppertal
–
1971
Krefeld
Der promovierte Jurist Windgassen trat schon früh in die NSDAP ein und war seit 1932 Rechtsberater und enger Vertrauter des Gauleiters Florian. Dieser ernannte ihn im März 1933 zum „Staatskommissar für die Stadt Düsseldorf“ und Gauamtsleiter im Gaurechtsamt. Windgassen ließ sofort alle politisch unliebsamen Beamten aus der Verwaltung entfernen. Im Januar 1934 wurde er Verwaltungsdezernent und war u.a. zuständig für den Schlachthof. 1938 wechselte Windgassen nach Osnabrück, als Bürgermeister und Kämmerer sowie NSDAP-Kreisamtsleiter. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion kam Windgassen in den „Osteinsatz“: Er wurde Bürgermeister in Riga und stellvertretender Gebietskommissar. Die Verwaltung und wirtschaftliche Ausplünderung des Ghettos in Riga fiel in seinen Verantwortungsbereich. Nach dem Krieg wurde Windgassen nie gerichtlich verfolgt. Ihm gelang sogar, vom Entnazifizierungsausschuss (in Wuppertal) als „entlastet“ eingestuft zu werden. Seine späteren Bemühungen, Versorgungsansprüche geltend zu machen, scheiterten allerdings aufgrund seiner gut dokumentierten „Säuberungstätigkeit“ in der Düsseldorfer Stadtverwaltung.
Literatur und Quellen:
Stadtarchiv Düsseldorf, 0-1-5-4731 (Personalakte)
Landesarchiv NRW R, NW 1022 W 45493
Bundesarchiv Berlin, R 91/313 Riga-Stadt
Steinwascher, Gerd: Dr. Johannes Petermann – Bürgermeister und Regierungspräsident von Osnabrück, in: Osnabrücker Mitteilungen (Historischer Verein), Jg. 106 (2001), S. 247-259
Autor: Joachim Schröder
Windgassen war promovierter Jurist, Angehöriger der Burschenschaft Germania in Köln und trat schon früh in die NSDAP ein. Er war seit 1932 Rechtsberater der Gauleitung Niederrhein und einer der engsten Vertrauten des Gauleiters Florian – der ihn im März 1933 in seiner Eigenschaft als „Staatskommissar für die Stadt Düsseldorf“ zu seinem Generalsekretär ernannte. Windgassen ließ sofort alle politisch nicht mehr opportunen Beamten aus der Verwaltung entfernen und war nun als Gauamtsleiter im Gaurechtsamt selbst ein führender NS-Funktionär. Im Januar 1934 wurde er Verwaltungsdezernent und zuständig für die Wirtschaftsbetriebe der Stadt. Zu diesen gehörten der Hafen und die Werften, die Liegenschaftsverwaltung, die Marktverwaltung und der Schlachthof. Nach Konflikten innerhalb der Stadtverwaltung wechselte Windgassen im Juli 1938 nach Osnabrück, wo er das Amt des Bürgermeister und Kämmerers sowie des NSDAP-Kreisamtsleiters bekleidete. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion kam Windgassen zur Besatzungsverwaltung nach Lettland: Er wurde Bürgermeister in Riga und zugleich Stellvertreter des „Gebietskommissars“ und Oberbürgermeisters Hugo Wittrock.
Zum Aufgabenbereich der deutschen Rigaer Stadtverwaltung zählten auch die Verwaltung und die wirtschaftliche Ausbeutung des Rigaer Ghettos. Der Leiter der hierfür zuständigen „Abteilung Politik“ war direkter Untergebener Windgassens, der also über die katastrophalen Zustände im Ghetto und die zahllosen Mordaktionen informiert sein musste. Als die Rote Armee 1944 immer näher an Riga heranrückte, floh die deutsche Verwaltungselite Richtung Westen und Windgassen wurde einige Wochen Gebietskommissar in Libau – von diesem Posten wurde er nach einem Konflikt mit der dortigen SS- und Polizeiführung enthoben.
Windgassen wurde für keine seiner Tätigkeiten während der NS-Herrschaft gerichtlich belangt. Er schaffte es sogar, dass ihn der Entnazifizierungs-Ausschuss in Wuppertal am 11. Juli 1949 als „Unbelasteten“ in die Stufe V einreihte. Windgassen hatte zahlreiche Eidesstattliche Versicherungen („Persilscheine“) vorgelegt, die ihm seine stets aktive Gegnerschaft gegenüber der NSDAP bescheinigten. Zudem schenkte ihm die Kommission tatsächlich Glauben, er sei nur unter einem „gewissen Zwang“ im Jahr 1932 in die NSDAP eingetreten. Windgassen behauptete auch, während seiner Zeit in Riga wegen seiner Gegnerschaft zum Regime andauernd von der SS verfolgt und überwacht worden zu sein. Seine Bemühungen in den 1950er Jahren, in Düsseldorf oder bei der Stadt Osnabrück Versorgungsansprüche (nach Art. 131) geltend zu machen, scheiterten daran, dass seine „Säuberungstätigkeit“ in der Düsseldorfer Stadtverwaltung aktenmäßig sehr gut dokumentiert und damit seine aktive Rolle in der NS-Diktatur offenkundig war. So hieß es etwa in einem Arbeitszeugnis Windgassens vom 15. August 1934, das in seiner Personalakte überliefert ist: „Es ist zum großen Teil der Arbeit des Herrn Windgassen zu verdanken, daß auf personellem Gebiete die Stadt Düsseldorf einer regelrechten Säuberungsaktion unterzogen wurde“. Zur Beerdigung ihres ehemaligen NS-Bürgermeisters schickte die Stadt Osnabrück dennoch einen Kranz.
Autor: Joachim Schröder