Huhn hatte Jura studiert und als Angestellter gearbeitet, bevor er 1939 Angehöriger der Berliner Kriminalpolizei wurde. Er besuchte die Führerschule der Sicherheitspolizei und des SD in Berlin-Charlottenburg und trat in die SS ein. Im Mai 1941 wurde Huhn zum Einsatzkommando 5 abkommandiert, mit dem er am Überfall auf die Sowjetunion teilnahm. Hier befehligte er mehrere Massaker an der lokalen jüdischen Bevölkerung. Anschließend wurde Huhn Kommandant des „Vorkommandos Auschwitz“, das sowjetische Gefangene für Sabotage-Kommandos rekrutierte. Nach Kriegsende gelang Huhn die Flucht aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Unter dem Namen „Dr. Guido Salisi“ fand er Anstellung im Düsseldorfer Wohnungsamt. Seine Tarnung flog 1947 auf und er wurde von den britischen Militärbehörden inhaftiert, denen aber seine Beteiligung an Kriegsverbrechen offensichtlich verborgen blieb. Huhn konnte wieder ein bürgerliches Leben beginnen und stieg bis zum Leiter der Rechtsabteilung einer Düsseldorfer Firma auf. 1960 wurde Huhn erstmals wegen des Verdachts der Beteiligung an Kriegsverbrechen verhaftet. Das Verfahren zog sich über mehrere Jahre hin – im August 1966 verurteilte ihn ein Düsseldorfer Schwurgericht wegen der Beteiligung an mindestens drei Mordaktionen im Einsatzkommando 5 (mindestens 140 Opfer) zu sechs Jahren Zuchthaus.
Literatur und Quellen:
Stadtarchiv Düsseldorf, 0-1-5-54797 (Personalakte)
Ein Toter gleich zehn Minuten Gefängnis. Die Rolle der Justiz bei der Aufarbeitung von NS-Verbrechen, in: Der Spiegel, Nr. 28 (09.07.1979)
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40350042.html
Justiz & NS-Verbrechen, Bd. XXIV, Nr. 636a; Bd. XXX, Nr. 693
Autor: Joachim Schröder
Huhn stammte aus Oberhausen und studierte nach absolviertem Abitur sechs Semester Rechtswissenschaften in Bonn und Berlin, bevor er Anstellung bei der National-Krupp-Registrierkassen GmbH fand. 1939 trat er als Kriminalkommissariatsanwärter in den Dienst der Berliner Kriminalpolizei, besuchte die Führerschule der Sicherheitspolizei und des SD in Berlin-Charlottenburg und trat in die SS ein. Im Mai 1941 wurde Huhn zum Einsatzkommando 5 abkommandiert, mit dem er am Überfall auf die Sowjetunion teilnahm. Hier blieb er bis Oktober 1941 und befehligte als Teilkommandoführer mehrere Massaker an der lokalen jüdischen Bevölkerung. Anschließend legte Huhn in Berlin sein Staatsexamen ab und kam ins Amt VI (Sicherheitsdienst) des Reichssicherheitshauptamts, wo er für das „Unternehmen Zeppelin“ tätig wurde: Er war verantwortlich für die Rekrutierung sowjetischer Kriegsgefangener, die hinter den Frontlinien als Saboteure eingesetzt werden sollten. Danach wurde Huhn sogar Kommandant des „Vorkommandos Auschwitz“, wo aus den Gefangenen Kandidaten für diese Aufgabe ausgesucht wurden. Kandidaten, die sich als ungeeignet herausstellten, wurden selektiert und ermordet.
Im April 1944 wurde Huhn zum Regierungspräsidenten Oppeln versetzt, danach legte er eine weitere, dem 2. Staatsexamen gleichzusetzende, Prüfung ab, wurde am 9.11.1944 zum Regierungsassessor ernannt und gleichzeitig zum SS-Hauptsturmführer befördert. Gegen Kriegsende machte Huhn den Rückzug der deutschen Truppen mit und kam bei Schwerin in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach wenigen Wochen gelang ihm die Flucht und er ließ sich in Düsseldorf nieder. Hier fand er unter dem falschen Namen Dr. Guido Salisi Anstellung in der Düsseldorfer Stadtverwaltung. Er bearbeitete Korruptionsfälle im Wohnungsamt.
Doch schon bald kursierten Gerüchte über die SS-Vergangenheit des in seinem Amt autoritär auftretenden „Dr. Salisi“. Von seinen Vorgesetzten befragt, bemühte sich Huhn zunächst, seine Vergangenheit weiter zu verschleiern: Er gab vor, einer „Zigeunerfamilie“ zu entstammen und nur mit Mühe der Mordpolitik der Nationalsozialisten entkommen zu sein. Doch schließlich fanden sich Zeugen, die ihn als SS-Führer bei den Rückzugsgefechten in Norddeutschland gesehen hatten. Seine Rolle im Einsatzkommando kam nicht zur Sprache und auch die Gerüchte, dass er KZ-Kommandant gewesen sei, wurden nicht weiter erörtert. Die Hinweise genügten den britischen Besatzungsbehörden dennoch, ihn im Mai 1947 unter dem Verdacht, ein Kriegsverbrecher zu sein, zu verhaften und in ein Internierungslager einzuweisen. Seine Festnahme sorgte für großes Aufsehen und die Stadtspitze sah sich scharfer Kritik wegen ihrer Personalpolitik ausgesetzt.
Das Internierungslager konnte Huhn allerdings schon im April 1948 wieder verlassen, nachdem er nur als „Mitläufer“ (Gruppe IV) entnazifiziert worden war. Die Staatsanwaltschaft beim Düsseldorfer Landgericht klagte Huhn wegen Urkundenfälschung und unberechtigter Titelführung an, das Verfahren wurde aber aufgrund des Straffreiheitsgesetzes vom 31.12.1949 eingestellt. Huhn schlug sich zunächst als Bauarbeiter und Angestellter einer Textilfirma durch, fand dann aber Anstellung als Leiter der Rechtsabteilung der Düsseldorfer Firma Schulz & Co., die Schreib- und Büromaschinen vertrieb. Von April 1960 bis November 1962 kam Huhn erstmals in Untersuchungshaft wegen seiner Tätigkeit im Einsatzkommando 5 (ein Verfahren wegen seiner Tätigkeit als Kommandant des „Vorkommandos Auschwitz“ war eingestellt worden). Als seine Firma 1965 in Konkurs ging, arbeitete er als Kraftfahrer – bis zu seiner nächsten Verhaftung im Juni 1966. Das Schwurgericht beim Landgericht Düsseldorf sah als erwiesen an, dass Huhn an mindestens drei Massenerschießungen führend beteiligt gewesen war, bei denen in Taraschtscha und Umgebung (Sowjetunion) mindestens 140 Menschen ermordet wurden.
Mildernde Umstände erblickte das Gericht in dem Umstand, dass Huhn sich nicht freiwillig zum Einsatzkommando gemeldet hatte und eigentlich ja nur in den Polizeidienst hatte eintreten wollen. Er sei „durch Zufall und ohne eigenes Zutun in eine staatliche Mordmaschinerie geraten“. Als strafverschärfend wertete es aber die Tatsache, dass der hoch gebildete Huhn nicht als bloßer Befehlsempfänger, sondern mit Befehlsgewalt – allerdings als „Gehilfe“ – Zivilisten gemordet hatte. Es verurteilte ihn wegen der drei Mordaktionen zu fünf bzw. jeweils dreieinhalb Jahren Zuchthaus. Als Gesamtstrafe errechnete das Gericht sechs Jahre Zuchthaus. Eine von Huhn angestrengte Revision wies das Schwurgericht beim Landgericht Düsseldorf am 30.10.1968 zurück. Der weitere Lebensweg von Huhn ist unbekannt.
Autor: Joachim Schröder