Friedrich (Fritz)
Weber
aus Düsseldorf
25.06.1903
Bergneustadt
–
03.03.1992
Düsseldorf
Oberster Kriminalbeamter in NRW in den 1950er/1960er Jahren
Als Kriminalkommissar der Essener Polizei trat Weber nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten sofort der NSDAP bei, war Ausbilder der zu Hilfspolizisten ernannten SA-Männer und kurzzeitig Leiter der „Schutzhaftstelle“. 1937 wurde er „förderndes Mitglied“ der SS, im September 1938 „vollwertiges“ Mitglied (letzter Dienstrang SS-Sturmbannführer). Im März 1938 folgte eine Abordnung als Leiter der Kriminalpolizei Linz, 1940 wurde er kurzzeitig Kripochef in Mönchengladbach, danach im besetzten Luxemburg. Von 1942 bis 1945 leitete Regierungs- und Kriminalrat Weber die Kriminalpolizei in Kassel. Anschließend von den Briten bis Dezember 1947 interniert, wurde Weber zunächst als „Mitläufer“ entnazifiziert, nach Berufung sogar als „entlastet“ eingestuft. Als Oberinspektor kehrte er in den Polizeidienst zurück, war schon 1954 wieder Kriminalrat und wurde Referent für kriminalpolizeiliche Fragen in der Polizeiabteilung im Innenministerium NRW. Dort nahm er maßgeblichen Einfluss auf die Personalpolitik in der gesamten nordrheinwestfälischen Kriminalpolizei, deren leitende Stellen zu einem großen Teil mit ehemaligen SS-Angehörigen besetzt wurden. Die Angriffe der Gewerkschaft ÖTV, die dieses Netzwerk 1959 aufdeckte, überstand Weber unbeschadet. 1963 regte sein Vorgesetzter an, Weber, der vor allem als „tüchtiger Kriminalist“ galt, für das Große Bundesverdienstkreuz vorzuschlagen.
Literatur und Quellen:
Landesarchiv NRW R, HSA-Pe 15518 (Personalakte)
Noethen, Stefan: Alte Kameraden und neue Kollegen. Polizei in Nordrhein-Westfalen, 1945-1953, Essen 2003
Ruhrmann, Fritz: SS-Sturmbannführer als Leiter der Kriminalpolizei in Dortmund. Gewerkschaftliche Stellungnahme zur Personalpolitik der Kriminalpolizei des Landes NRW, in: Polizei im Lande Nordrhein-Westfalen (hrsg. von der ÖTV-Bezirksfachabteilung Polizei), 7. Jg., Nr. 9 (September) 1959 (Beginn Artikelserie, Forst. Hefte Nr. 10 und 11)
Autor: Joachim Schröder
Oberster Kriminalbeamter in NRW in den 1950er/1960er Jahren
Weber trat 1926 in den Dienst der Essener Polizei und war dort seit 1929 Kriminalkommissar. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er sofort Mitglied der NSDAP und übernahm dort auch eine Funktion als „Blockwart“. Zugleich wurde er Ausbilder der auch in Essen zu Hilfspolizisten ernannten SA-Männer und kurzzeitig Leiter der „Schutzhaftstelle“ (was er bei einer späteren Untersuchung seines Lebenslaufes durch das NRW-Innenministerium zunächst bestritt). 1937 trat er als „förderndes Mitglied“ der SS bei, im September 1938 wurde er „vollwertiges“ Mitglied und im Rahmen der sogenannten „Dienstgradangleichung“ bis zum SS-Sturmbannführer befördert. Im März 1938, inzwischen war er Kriminalrat, folgte eine Abordnung als Leiter der Kriminalpolizei Linz, 1940 wurde er kurzzeitig Kripochef in Mönchengladbach, danach in Luxemburg. 1942 übernahm er die Leitung der Kriminalpolizei in Kassel, die er bis Kriegsende beibehielt.
Bis Dezember 1947 blieb der ehemalige Regierungs- und Kriminalrat Weber in britischer Internierungshaft. Er wurde zunächst als „Mitläufer“ entnazifiziert, in der Berufung 1950 stufte ihn der Entnazifizierungsausschuss Düsseldorf als „entlastet“ ein. Weber durfte als Oberinspektor in den Polizeidienst zurück und war schon 1954 wieder Kriminalrat. Er arbeitete als Referent im Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen und stieg dort bald zum Referenten für kriminalpolizeiliche Fragen in der Polizeiabteilung auf. Sein langjähriger Vertrauter und Referent war Kriminalhauptkommissar Kurt Schulz-Isenbeck, den er 1961 als „offen und ehrlich, dabei zurückhaltend und selbstbewusst“ beurteilte. Schulz-Isenbeck war ein ehemaliger Gestapobeamter und während des Zweiten Weltkriegs Angehöriger eines Einsatzkommandos in der besetzten Sowjetunion, das zahlreiche Massenexekutionen verübte. Weber nahm maßgeblichen Einfluss auf die Personalpolitik in der gesamten nordrhein-westfälischen Kriminalpolizei.
Als die Gewerkschaft ÖTV 1959 eine publizistische Kampagne gegen ein ganzes Netzwerk früherer SS-Angehöriger im Führungskorps der nordrhein-westfälischen Kriminalpolizei startete, geriet auch Weber kurzzeitig in die Schusslinie, denn unter seiner Ägide hatten viele der in Frage stehenden Beamten ihre Leitungsfunktion erhalten. Doch gestützt auf eine breite Mehrheit im Parlament ließ das Innenministerium die Angriffe der ÖTV durch eine Strategie der Verleugnung und Abwieglung im Sande verlaufen. Die fraglichen Beamten seien keine richtigen SS-Mitglieder gewesen, sie seien automatisch aufgenommen worden und hätten lediglich einen ihrem Beamtendienstgrad entsprechenden SS-Rang erhalten. Der Mythos der sogenannten „Dienstgradangleichung“ wurde schon damals von einigen NS-Gegnern vehement bestritten (u.a. von der ÖTV), wissenschaftlich ist er seit Jahren widerlegt. Denn ein Eintritt in die SS konnte nur nach eigenem Antrag erfolgen, erst dann wurde der SS-Rang an den Beamtendienstrang angeglichen, und auch dies nur, wenn die Leistungen des Beamten den Vorstellungen der Machthaber entsprachen. Es steht dabei allerdings außer Frage, dass zahlreiche Polizeibeamte von ihren Vorgesetzten zum SS-Beitritt aufgefordert wurden und sie dem nachkamen, um ihre Karriere nicht zu gefährden. Wer im genannten SS-Netzwerk Überzeugungstäter war und wer Karrierist, lässt sich nur im Einzelfall prüfen.
Weber selbst überstand die Angriffe der Gewerkschaft ÖTV trotz einiger widersprüchlicher Angaben zu seiner Vergangenheit, die er bei seiner Einstellung gemacht hatte, dank der Protektion aus dem Innenministerium unbeschadet. 1963 regte sein Vorgesetzter an, Weber, der vor allem als „tüchtiger Kriminalist“ galt, für das Große Bundesverdienstkreuz vorzuschlagen.
Autor: Joachim Schröder